NS-Zwangsarbeit beim Bau von Ennskraftwerken: Unterschied zwischen den Versionen

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Die  ÖKA bekam nach dem >>Anschluss<< durch die AEW  (Alpen-Elektrowerke), die Reichswerke >>Hermann Göring<<  (HGW), sowie die Reichsbahn Konkurrenten. Am [[20. Mai]] [[1939]] wurde  zwischen ÖKA und HGW ein erstes Abkommen zur Aufteilung der  Wasserkraftressourcen geschlossen: die HGW sollte die mittlere und  untere Enns zum Ausbau bekommen und ließ unverzüglich Bohrungen  durchführen. Nun stellte sich jedoch heraus, dass die damals noch  intensiv betriebene Flößerei auf der Enns ein Hindernis für den Bau von  Laufkraftwerken darstellte. Rasch wurde aber klar, dass sich die  Interessen der Elektrizitätswirtschaft gegenüber jenen der  [[Holzflößerei auf der Enns]]  durchsetzen würden, zumal für den  Holztransport die Alternative Bahn gegeben war.  
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Die  ÖKA bekam nach dem >>Anschluss<< durch die AEW  (Alpen-Elektrowerke), die Reichswerke >>Hermann Göring<<  (HGW), sowie die Reichsbahn Konkurrenten. Am [[20. Mai]] [[1939]] wurde  zwischen ÖKA und HGW ein erstes Abkommen zur Aufteilung der  Wasserkraftressourcen geschlossen: die HGW sollte die mittlere und  untere Enns zum Ausbau bekommen und ließ unverzüglich Bohrungen  durchführen. Nun stellte sich jedoch heraus, dass die damals noch  intensiv betriebene [[Flößerei]] auf der Enns ein Hindernis für den Bau von  Laufkraftwerken darstellte. Rasch wurde aber klar, dass sich die  Interessen der Elektrizitätswirtschaft gegenüber jenen der  [[Holzflößerei auf der Enns]]  durchsetzen würden, zumal für den  Holztransport die Alternative Bahn gegeben war.  
  
 
Am  [[14. August]] [[1939]] wurde das Bauvorhaben >>Untere  Enns<< zum >>bevorzugten Wasserbau<< erklärt. Die  Planungen, die oben erwähnten Kanalkraftwerke betreffend, wurden  gegenüber der Zwischenkriegszeit insofern abgeändert, als nun an ihrer  Stelle der Bau von vier Wehrkraftwerken vorgesehen war. Deren Standorte  befanden sich bei Staning, in Mühlrading, in Hiesendorf und bei der  Stadt Enns. Es sollten damit jährlich 465 Mio. kWh produziert werden.  
 
Am  [[14. August]] [[1939]] wurde das Bauvorhaben >>Untere  Enns<< zum >>bevorzugten Wasserbau<< erklärt. Die  Planungen, die oben erwähnten Kanalkraftwerke betreffend, wurden  gegenüber der Zwischenkriegszeit insofern abgeändert, als nun an ihrer  Stelle der Bau von vier Wehrkraftwerken vorgesehen war. Deren Standorte  befanden sich bei Staning, in Mühlrading, in Hiesendorf und bei der  Stadt Enns. Es sollten damit jährlich 465 Mio. kWh produziert werden.  

Version vom 5. Mai 2015, 06:42 Uhr

Dem Einsatz von NS-Zwangsarbeit beim Bau von Ennskraftwerken kam während der Kriegsjahre eine entscheidende Bedeutung zu. Der Bau der als kriegswirtschaftlich wichtig erachteten Kraftwerke an den Flüssen Donau, Drau und Enns wurde daher während der NS-Zeit voran getrieben. Die beteiligten Baufirmen setzten ihren Auftrag unter zwangsweisem Einsatz von zahlreichen ausländischen Zivilarbeitern und Zivilarbeiterinnen, Kriegsgefangenen, KZ-Häftlingen, österreichischen und ungarischen Juden, Häftlingen von Arbeitserziehungslagern und österreichischen Roma und Sinti um.

Notwendige Vorbemerkungen

Zur wirtschaftlichen Ausgangslage

Die in Österreich vor 1938 noch weitgehend brachliegenden Wasserkräfte waren von vorne herein ein wichtiger Faktor für die ökonomischen Anschlussbestrebungen Deutschlands. Die rasche Infrastrukturentwicklung mit klarem Rüstungszusammenhang stand nach dem >>Anschluss<< im Zentrum der Interessen der Manager der NS-Zeit. Dazu zählte klarerweise auch die Elektrizitätswirtschaft, was in der >>Ostmark<< vor allem den Ausbau der Wasserkraft bedeutete.

Zum Ausbau der Wasserkraft

Zwischen 1938 und 1945 wurden nach einem Nachkriegsbericht insgesamt 17 Wasserkraftwerke teilweise errichtet oder fertig gestellt, davon vier an der Enns. Die Baumaßnahmen erfolgten einerseits unter rücksichtslosem Einsatz von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen und bildeten andererseits einen wichtigen Infrastrukturschub für die Nachkriegswirtschaft und den damit verbundenen Wiederaufbau in Österreich.

Zur Klärung des Begriffes >>Zwangsarbeit<<

Die Historiker Florian Freund und Bertram Perz definieren NS-Zwangsarbeit wie folgt: „Von NS-Zwangsarbeit ist dann zu sprechen, wenn außerökonomischer Zwang ausschlaggebend dafür war, dass eine Person arbeitete, nicht nur unabhängig von ihrer Profession und Fähigkeit, sondern alleine abhängig von ihrer Herkunft (national, ethnisch, religiös); von Zwangsarbeit ist auch dann zu sprechen, wenn diskriminierende arbeitsrechtliche Sonderbedingungen geschaffen wurden, die eine definierte Gruppe von Menschen zur Arbeit anhielten.

Teil 1: Ennskraftwerke: Planung, Erste Projekte, Baubeschluss, Baubeginn

1900 bis 1938

Pläne zur Nutzung der Wasserkraft des Ennsflusses gab es bereits in den 1920er-Jahren. Erste Projektpläne wurden sogar noch vor dem Ersten Weltkrieg erstellt. Auch in der Zwischenkriegszeit wälzte man Ausbaupläne.

1919 ließ sich die Tramway- und Elektrizitätsgesellschaft Linz-Urfahr das Kraftwerksprojekt Sand genehmigen, im Zuge dessen die Enns bei Rosenau oberhalb der Stadt Steyr gestaut und mittels eines Kanals bei einem Nutzgefälle von 14 Metern zur Stromerzeugung genutzt werden sollte. Die ÖKA, die im Jahr 1929 durch die Fusion der Elektrizitätsgesellschaften Stern & Hafferl AG und die Oberösterreichische Wasserkraft Elektrizitätsaktiengesellschaft zur Österreichischen Kraftwerke Aktiengesellschaft (ÖKA) entstanden ist, plante eine geschlossene Kraftwerkskette, mittels der die unregelmäßigen Wasserstände im Mittel- und Unterlauf der Enns effizient genutzt werden sollten. Geplant waren fünf Laufkraftwerke zwischen Altenmarkt und Donau und zwei Kanalwerke im Unterlauf der Enns. Finanzierungsprobleme und die Weltwirtschaftskrise vereitelten aber die Umsetzung.

Nach dem >>Anschluss<<

Bereits vor dem >>Anschluss<< Österreichs an das Deutsche Reich hatten NS-Planer den kriegswichtigen Ausbau der Wasserkraft auch am Ennsfluss im Visier. Lichtgenossenschaften und kleinere Elektrizitätswerke wurden dann nach dem >>Anschluss<< der ÖKA einverleibt, was durch Drohungen und durch Druckausübung auf die Gemeinden mit selbständiger Versorgung von Seiten des Landeshauptmannes von Oberdonau, Gauleiter Eigruber, erfolgte. Die rechtliche Grundlage bot die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes des Altreiches in der >>Ostmark<<, das die Kompetenzen des Reichswirtschaftsministeriums maßgeblich erweiterte und Grundstücksenteignungen vereinfachte. Nun konnte keine größere Anlage ohne Zustimmung des Ministeriums errichtet werden.

Beschluss zum Ausbau der Enns

Die ÖKA bekam nach dem >>Anschluss<< durch die AEW (Alpen-Elektrowerke), die Reichswerke >>Hermann Göring<< (HGW), sowie die Reichsbahn Konkurrenten. Am 20. Mai 1939 wurde zwischen ÖKA und HGW ein erstes Abkommen zur Aufteilung der Wasserkraftressourcen geschlossen: die HGW sollte die mittlere und untere Enns zum Ausbau bekommen und ließ unverzüglich Bohrungen durchführen. Nun stellte sich jedoch heraus, dass die damals noch intensiv betriebene Flößerei auf der Enns ein Hindernis für den Bau von Laufkraftwerken darstellte. Rasch wurde aber klar, dass sich die Interessen der Elektrizitätswirtschaft gegenüber jenen der Holzflößerei auf der Enns durchsetzen würden, zumal für den Holztransport die Alternative Bahn gegeben war.

Am 14. August 1939 wurde das Bauvorhaben >>Untere Enns<< zum >>bevorzugten Wasserbau<< erklärt. Die Planungen, die oben erwähnten Kanalkraftwerke betreffend, wurden gegenüber der Zwischenkriegszeit insofern abgeändert, als nun an ihrer Stelle der Bau von vier Wehrkraftwerken vorgesehen war. Deren Standorte befanden sich bei Staning, in Mühlrading, in Hiesendorf und bei der Stadt Enns. Es sollten damit jährlich 465 Mio. kWh produziert werden.

Bereits fünf Wochen später fand die mündliche Bauverhandlung statt. Nun zeigte sich, dass neben der Weiterführung der Flößerei auch andere Probleme - wie Veränderungen am Grundwasserstand, sowie die Verlegung von Straßen und der Bahntrasse ungelöst waren.

Zur selben Zeit forcierte die HGW den Bau der Kraftwerke Ternberg, Rosenau und Garsten. Die Konflikte zwischen der ÖKW und der HGW erreichten nun einen Höhepunkt und führten zu einer gerichtlichen Klage. Schlussendlich wurde vereinbart, dass die HGW sowohl die Kraftwerke Ternberg, Rosenau und Garsten errichten würden als auch die Kraftwerke unterhalb der von der ÖKA geplanten Standorte Staning und Mühlrading und man stellte die laufenden Gerichtsprozesse ein.

Baubeginn

Erste Vorbereitungsmaßnahmen beider Betreiber wie die Errichtung von Arbeiterbaracken und die Herstellung benötigter Straßen- und Bahnverbindungen setzten im Herbst 1939 ein. Aufgrund des Überfalls auf Polen am 1. September 1939 wurden jedoch im April 1940 zugunsten des geplanten >>Blitzkrieges<< die wirtschaftlichen Pläne geändert und alle jene Arbeiten eingestellt, die längere Zeit benötigen würden.

Weitere Gründe für die Einstellung waren die anhaltenden Auseinandersetzungen um die Flößerei, was sich auch in zahlreichen Behördenakten widerspiegelt, aber vor allem die nach wie vor bestehenden Macht- und Interessenskonflikte zwischen diversen Personen und Interessensgruppen, die im Februar 1941 öffentlich sichtbar wurden.

Laut Reichsleiter Martin Bormann, an den sich Gemeinden der Region um Hilfe gewandt hatten, hatte sich Hitler für die kleinräumige Struktur der Elektrizitätswirtschaft entschieden. Nun folgte ein Interessenskampf auf höchster Ebene, in den mehrere Minister und Reichsmarschall Göring verwickelt waren und auch die Meinung des >>Führers<< herangezogen und interpretiert wurde.

Die Gewinner in der Auseinandersetzung um die Ennskraftwerke waren letztendlich die ÖKA und Reichsminister Todt. Er erhielt die Kompetenz eines >>Generalinspekteurs für die Energie- und Wasserwirtschaft<<. Die ÖKA erreichte nun in kürzester Zeit die Baubewilligungen für die Kraftwerke Mühlrading und Staning, als auch die dafür benötigten Arbeitskräfte und Materialien und konnte daher mit dem Bau beginnen.

Daran anschließend genehmigte man auch der HGW den Bau des Kraftwerkes Ternberg. Mit dem Bau des Kraftwerkes Großraming wurde erst viel später begonnen.

Teil 2: Ennskraftwerke: Baumaßnahmen während der NS-Zeit

Kraftwerke Ternberg, Rosenau und Garsten

Die HGW Kraftwerke Ternberg, Rosenau und Garsten sollten im Vollausbau bei Vollleistung 77 000 kW erreichen. Die endgültige wasserrechtliche Bewilligung erfolgte am 9. März 1942. Mit Bescheid vom 14. November 1942 wurde die Auflassung der Flößerei verfügt. Die Planung für die drei Kraftwerke erfolgte gleichzeitig. Während für die Kraftwerke Ternberg und Rosenau auch intensive Bauvorbereitungen folgten, dürfte es beim Kraftwerk Garsten bei der Planung geblieben sein. Gebaut wurde schließlich nur am Standort Ternberg.

Die eigentlichen Bauarbeiten am Wasserkraftwerk Ternberg begannen am 10. Oktober 1941. Nach der Zuteilung der benötigten Arbeitskräfte erzielte man einen raschen Baufortschritt. Ende September 1944, als die Aussicht, dass das Kraftwerk Ternberg etwas Wesentliches zur Verbesserung der Kriegswirtschaft beitragen könnte, geschwunden war, stellte man den Bau ein. Nach Angaben der VOEST, die 1945 als Rechtsnachfolger der HGW auch die Baustelle des Kraftwerkes Ternberg in Besitz hatte, waren bis Kriegsende 80 % der erforderlichen Bauarbeiten am Kraftwerk Ternberg umgesetzt.

Kraftwerke Staning, Mühlrading und Großraming

Nach Einigung der HGW, ÖKA, bzw. die Kraftwerke Oberdonau AG (KOA) auf die Aufteilung der energetischen Nutzung der Enns war der Weg für die Errichtung der KOA-Kraftwerke Staning, Mühlrading und Großraming frei. Die Bauleitung übernahm Ing. Alfred Kirstein, die Bauberatung die Fa. Siemens-Schuckert-Werke AG.

  • Staning

Staning erhielt gleichzeitig mit Mühlrading am 14. März 1942 die offizielle Baugenehmigung. Bereits im Frühjahr 1941 erfolgten die ersten Aufschließungsarbeiten. Mitte 1941 wurde mit dem eigentlichen Bau begonnen. Bauberatung, Bau- und Montageleitung oblag der Siemens-Schuckert Werke AG. Anfang November 1944 war der Bau in Staning so weit fertiggestellt, dass mit dem Einstau begonnen werden konnte. Zu Kriegsende war der bauliche Teil des Kraftwerkes Staning praktisch fertig errichtet, der maschinenelektrische Teil nach Angaben der KOA zu 64 Prozent fertig gestellt und das erste Aggregat bereits vor Ort. Die Inbetriebnahme dieses ersten Maschinenaggregates erfolgte erst nach Kriegsende und zwar am 8. November 1946.

  • Mühlrading

Die Erteilung der offiziellen Baugenehmigung für das Wasserkraftwerk Mühlrading erfolgte am 14. März 1942, doch bereits am 21. Oktober 1941 wurde mit dem Bau des Kraftwerkes Mühlrading durch die Fa. Rella & Co. begonnen. Zu Kriegsende war das Kraftwerk weitgehend fertig gestellt, es konnte aber nicht mehr in Betrieb genommen werden. Nach Schätzung der KOA fehlten noch 55 Prozent des maschinenelektrischen Teiles, die wesentlichen Bestandteile des ersten Aggregates waren bereits vor Ort.

  • Großraming

Erste Projekte für ein Kraftwerk Großraming stammten aus den 20er-Jahren, für die bereits 1926 die wasserrechtliche Konzession erteilt worden war. In der Zwischenkriegszeit wurde das Projekt aus wirtschaftlichen Gründen zurück gestellt. Erst nach dem >>Anschluss<< führte die Tatsache, dass eine für Uruguay bestimmte Turbine, die nicht mehr dorthin geliefert werden konnte, zur Zusammenlegung der beiden bei Großraming geplanten Kraftwerke, womit die richtige Fallhöhe für diese ursprünglich für den Export nach Uruguay bestimmte Turbine erreicht werden konnte.

Mit der Herstellung der Baueinrichtungen sowie mit den Probebohrungen in der Enns wurde im September 1942 begonnen. Die eigentlichen Bauarbeiten führte die >>Arbeitsgemeinschaft Ennskraftwerk Großraming<<, bestehend aus der Fa. Rella & Co. und Kunz & Co., ab 15. Oktober 1942 durch. Am 21. Dezember 1942 wurde Großraming zum >>bevorzugten Wasserbau<< erklärt. Der Kraftwerksbau erforderte verglichen mit den anderen Ennskraftwerken umfangreichere Verlegungen von Straßen und den Neubau von mehr Brücken als anderswo. Es war eine Großbaustelle, an der auch noch andere Firmen mitarbeiteten. Im August 1944 wurde der Bau eingestellt. Bis Ende April waren nach Einschätzung der KOA 37 Prozent der baulichen aber nur ein Prozent der maschinenelektrischen Teile hergestellt. Erst nach Kriegsende, im Juni 1946, wurden die Arbeiten unter Einsatz von Justizhäftlingen aus Garsten wieder aufgenommen. Am 15. Mai 1950 wurde der Vollstau erreicht und im Juni 1950 konnte der erste Maschinensatz in Betrieb genommen werden.

Teil 3: Der Einsatz von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen beim Bau oben genannter Ennskraftwerke

Einführung und Allgemeines

Die größte Gruppe unter den zur Zwangsarbeit eingesetzten Personen im Bereich Oberdonau stellten zivile Ausländer und Ausländerinnen dar. Das Verhältnis zwischen inländischen und ausländischen Hilfsarbeitern war mit eins zu drei besonders krass: auf einen inländischen Hilfsarbeiter fielen drei ausländische Zivilpersonen und Kriegsgefangene. Vor allem ab Ende 1943 wurden auch zahlreiche KZ-Häftlinge bei den Großbaustellen eingesetzt, die aber in der Statistik der Baufirmen nicht aufscheinen. Auch die Kriegsgefangenen sind in diesen Statistiken nicht enthalten.

Vom Frühjahr 1941 bis zum Herbst 1944 stieg die Anzahl ziviler Ausländer und Ausländerinnen im Bereich Oberdonau von knapp unter 25 000 auf über 100 000. Für die Zuteilung der Arbeitskräfte war der Präsident des Landesarbeitsamtes – später Gauarbeitsamt Oberdonau – hauptverantwortlich. Im Frühjahr und im Sommer 1942 versuchte er besonders viele >>Russentransporte<< zu bekommen. Da keine weiteren Transporte verfügbar waren, stand er insbesondere auch bei den im Bau befindlichen Ennskraftwerken vor schier unlösbaren Aufgaben.

Im Mai 1944 hatten die Kriegsgefangenen mit 14,75 Prozent aller Beschäftigten in der Bauwirtschaft im Vergleich zu den anderen Wirtschaftssektoren den höchsten Anteil. Auch wenn die Zahlen zu den Kriegsgefangenen, die beim Bau der Ennskraftwerke eingesetzt waren, nur teilweise vorliegen, sollte ihre Bedeutung für den Bau keinesfalls unterschätzt werden.

Die Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen stellten schließlich die wichtige letzte Arbeitskräfteressource in Oberdonau dar. Sie wurden zum Großteil in neu errichteten Außenlagern eingesetzt. Das Stammlager Mauthausen blieb die zentrale Verwaltungs- und Kontrollstelle der SS für die Häftlinge und deren Arbeitseinsätze und entwickelte eine bemerkenswerte Bürokratie. Daneben wurde die Produktion im Steinbruch des Stammlagers mit ihren >>Vernichtungsarbeitsplätzen<< etwas eingeschränkt, aber aufrecht erhalten. Weitere Aufgaben waren das psychische Brechen der Neuzugänge während der sog. >>Quarantäne<< und die Tötung ganzer Gruppen, die zur Vernichtung bestimmt waren. Ab März 1943 erhielt Mauthausen auch die Funktion eines >>Sanitätslagers<<, in dem aus ökonomischen Gründen die Kranken aus Mauthausen, Gusen und den Außenlagern aufgenommen und die scheinbar unheilbar Kranken beseitigt wurden. Zitat: „Das massenhafte Sterben wurde nach Mauthausen rückverlagert, um die Effizienz des Arbeitseinsatzes in den Außenlagern zu erhöhen.“

Das erste Außenlager war Gusen (1939), es folgten bis Ende 1941 Vöcklabruck-Wagrain und Bretstein. 1942 folgten Steyr-Münichholz, Ternberg und Linz. Schloss Lind und Passau, bisher zu Dachau gehörend, wurden nun Mauthausen zugeordnet. 1943 und 1944 wurde das KZ-System im Gau Oberdonau erneut erweitert. Nun arbeiteten zehntausende Häftlinge in den Lagern, die vor allem zum Bau unterirdischer Anlagen errichtet worden waren.

Einsatz in den Kraftwerksbaustellen an der Enns

Nach allen bisher zur Verfügung stehenden Quellen lässt sich zusammenfassend folgendes feststellen:

Bei allen während der NS-Zeit an der Enns im Bau befindlichen Kraftwerken wurde eine nicht genau feststellbare Anzahl von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen eingesetzt. Es handelte sich dabei um in den Statistiken der Baufirmen aufscheinende zivile Ausländer und Ausländerinnen einerseits und um Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge und Häftlinge der Justizanstalt Garsten andererseits. Die Gesamtanzahl an Zwangsarbeitern ist deshalb unbekannt, weil die ausführenden Baufirmen über Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge, österreichische und ungarische Juden, Häftlinge der Arbeitserziehungslager und österreichische Roma und Sinti in der Regel keine Statistik führten.

Behandlung und Unterbringung der Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen erfolgte generell nach den diskriminierenden und menschenverachtenden Kategorien der NS-Ideologie, was sich direkt auf Gesundheit und Überlebenschancen unterschiedlicher Gruppen auswirkte. Nach NS-Kategorien standen nach den >>Ostarbeitern<< Juden und Sinti und Roma bei den zivilen Zwangsarbeitern auf unterster Stufe. Unter den Kriegsgefangenen rangierten die Sowjetgefangenen an letzter Stelle.

Ausländische Zivilarbeiter und Zivilarbeiterinnen

Der Statistik zu Folge arbeiteten am Kraftwerk Ternberg zwischen Februar 1943 und August 1944 immer über 1 500 und teilweise mehr als 2 000 Arbeitskräfte. Davon waren mit 100 bis knapp 200 ein verschwindend kleiner Anteil inländische Arbeiter und Arbeiterinnen, die vorwiegend mit der Bewachung der anderen dort Tätigen betraut waren. Denn mehr als 90 % der Arbeiterschaft bestand damals aus KZ-Häftlingen, Strafgefangenen, Kriegsgefangenen und ausländischen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen.

Die Anzahl ziviler ausländischer Arbeiter erreichte in den Monaten Mai und Juni 1943 an der Baustelle Ternberg mit knapp über 300 ihren Höchststand. Sie waren wie die Kriegsgefangenen im >>Wohnlager 75<< untergebracht, dem auch das KZ-Ternberg angeschlossen war. Die größten Gruppen unter den zivilen ausländischen Arbeitern und Arbeiterinnen bildeten die sog. >>Ostarbeiter<< und die Tschechen. Auffallend ist das Alter der >>Ostarbeiter<<, die bei der Befreiung im Jahr 1945 erst 20 Jahre alt oder noch jünger waren. Über ihre Behandlung in Ternberg gibt es nur wenige Dokumente. Eine vom Lagerführer protokollierte kollektive Essens-Verweigerung durch die Gruppe der >>Ostarbeiter<< lässt vermuten, dass der Gepflogenheit, die >>Ostarbeiter<<, die nach gängiger rassischer NS-Kategorisierung unter den ausländischen Zivilarbeitern am unteren Ende rangierten und daher üblicherweise schlechteres Essen bekam, auch in Ternberg praktiziert wurde. Dazu muss man sich vor Augen führen, dass Vorkommnisse wie diese Essensverweigerung für die Beschwerdeführer gravierende Folgen bis hin zu einer KZ-Einweisung haben konnten und daher nur aus triftigen Gründen eintraten.

Kriegsgefangene

Über die Anzahl der bei den Kraftwerksbauten an der Enns konkret eingesetzten Kriegsgefangenen ist wenig bekannt, da sie – wie oben erwähnt - statistisch von den Baufirmen nicht erfasst wurden. Vom August 1943 bis zum Mai 1944 variierte die Anzahl der in Oberdonau im Bau- und Baunebengewerbe gesamt tätigen Kriegsgefangenen zwischen 2 738 und 6 200, bestehend aus Sowjetgefangenen, Franzosen, Polen, Belgiern und Jugoslawen. Aus der Zusammenführung verschiedener Dokumente lässt sich schließen, dass ihr zahlenmäßiger Einsatz bei den Kraftwerksbauten ein wesentlicher war. Die Unterbringung erfolgte wie die der zivilen ausländischen Arbeitergruppe in den vor Ort befindlichen Wohnlagern. Ihre Behandlung und Verpflegung unterlag generell den NS-ideologischen Kategorisierungen, wonach die Sowjetgefangenen auf der untersten Stufe rangierten.

KZ-Häftlinge in Ternberg und Großraming

Anlässlich der Kraftwerksbaustellen an der Enns wurde das KZ Ternberg am 15. Mai 1942 im Verbund mit dem dort bestehenden >>Wohnlager 75<< errichtet. Im KZ Großraming trafen am 15. Mai 1942 die ersten Häftlinge ein. Beide KZ-Lager gehörten zum KZ Mauthausen. Die Statistik über die dort untergebrachten Häftlinge machen die Bedeutung der KZ-Zwangsarbeit für die Ennskraftwerke ersichtlich: am 17. Februar 1944 befanden sich im KZ Großraming 793 und im KZ Ternberg 406 Häftlinge. Am 1. Juni 1944 waren im KZ Großraming 792 und im KZ Ternberg 397 Häftlinge untergebracht. Am 1. September 1944 werden im KZ Ternberg 395 Häftlinge aufgelistet, während das KZ Großraming aufgrund der Baueinstellung des dortigen Kraftwerks im August 1944 bereits aufgelassen ist.

Die KZ-Häftlinge wurden auch auf den Kraftwerksbaustellen streng abgeschirmt und bewacht. Allein in Großraming, wo im KZ-Lager Häftlinge aus vielen Nationen mit Zugehörigkeit zu unterschiedlichsten Häftlingskategorien interniert waren, verstarben bis zur Einstellung des Kraftwerkbaues und der Auflassung des dortigen KZ-Lagers nachweislich 227 KZ-Häftlinge, viele von ihnen im Zuge von Unfällen. In Ternberg, wo vorwiegend republikanische Spanier, die damals bereits eine sehr homogene Gruppe bildeten, interniert waren, ereigneten sich weniger Unfälle als in Großraming. Es sind jedoch auch dort unfallbedingte Todesfälle belegt.

Das KZ Großraming erreichte im Juli und im August 1944 mit je über 1 000 Häftlingen den höchsten Häftlingsstand. Insgesamt wurden mehr als 1 800 Häftlinge im KZ Großraming interniert, wovon über 1 600 namentlich bekannt sind. Der größte Teil der namentlich bekannten Häftlinge stammte mit ca. 47 % aus Jugoslawien. Die Sterblichkeit im KZ Großraming betrug über die gesamte Bestandsdauer des Lagers 12,3 Prozent. Daneben erreichte die Rücktransportrate nach Mauthausen annähernd 30 %.

Die auf den Kraftwerksbaustellen ausgelaugten und daher nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge des KZ Ternberg und des KZ Großraming wurden nach Mauthausen rücküberstellt, wo viele infolge ihres vorhergehenden Einsatzes beim Bau der Ennskraftwerke verstorben sind.

Inbetriebnahme der während des Krieges teilerrichteten Ennskraftwerke

  • Staning: 1946
  • Mühlrading: 1948
  • Ternberg: 1949
  • Großraming: 1950
  • Rosenau: 1953

Umgang mit der historischen Wahrheit nach 1945

Bezüglich der vier während der NS-Zeit mehr oder weniger fertig gestellten Kraftwerke an der Enns bestand im Nachkriegsösterreich wenig Bewusstsein über die hier geleistete Zwangsarbeit.

In nach dem Kriegsende herausgegebenen Festschriften wie beispielsweise anlässlich der Fertigstellung des Kraftwerkes Großraming im Jahr 1950, erinnerte man sich nur an acht zu Tode gekommene Arbeiter, davon lediglich zwei während der Kriegszeit Verstorbene.

Im Zuge der Dokumentation der Ennskraft AG mit dem Titel >>Gedenkfeier 50 Jahre Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus<<, die im Jahr 1995 erschienen ist, wurde der Einsatz von KZ-Häftlingen aus Mauthausen erstmals thematisiert, wobei aber keine Detailinformationen und Bewertungen verfügbar waren.

Erst im Jahr 2002 erschien die vom Verbund unterstützte Publikation „NS-Zwangsarbeit in der Elektrizitätswirtschaft der „Ostmark“, 1938 – 1945“. Sie beinhaltet die Zusammenfassung der Forschungsergebnisse, die – ausgelöst durch Sammelklagen (auch gegen den Verbund) – von einer Gruppe österreichischer Historiker und Historikerinnen erarbeitet wurden.

Weiterführende Literatur

  • Rathkolb, Oliver, Freund, Florian (Hg.), NS-Zwangsarbeit in der Elektrizitätswirtschaft der „Ostmark“, 1939 – 1945, Florian Freund, Zwangsarbeit beim Bau der Ennskraftwerke, S. 27 – 127, Verlag böhlau, Wien – Köln – Weimar, 2002
  • Herbert, Ulrich, Geschichte der Ausländerbeschäftigung in Deutschland 1880 bis 1980, Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH. Berlin, Bonn 1986
  • Herbert, Ulrich, Fremdarbeiter, Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH. Berlin, Bonn 1985
  • Tálos, Emmerich, Hanisch, Ernst, Neugebauer, Wolfgang (HG), NS-Herrschaft in Österreich 1938 - 1945, Verlag für Gesellschaftskritik Ges. m.b.H., Wien 1988

Quellen

  • Oliver Rathkolb, Florian Freund (Hg.), NS-Zwangsarbeit in der Elektrizitätswirtschaft der „Ostmark“, 1939 – 1945, Florian Freund, Zwangsarbeit beim Bau der Ennskraftwerke, S. 27 – 127, Verlag böhlau, Wien – Köln – Weimar, 2002
  • Wikipedia, Stichwort Ennskraftwerke AG