Bergbau: Vergessene Gemeinsamkeiten zwischen Schladming und Öblarn: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 30. November 2011, 14:47 Uhr
In der Geschichte des Bergbaus im Ennstal gibt es vergessene Gemeinsamkeiten zwischen Schladming und Öblarn.
Einleitung
Als man in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Wiederaufbau des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens begann und der Fremdenverkehr allmählich eine positive Entwicklung erkennen ließ, bahnten sich auch Kontakte zwischen in- und ausländischen Gemeinden an, die schließlich nicht selten als „Städtefreundschaften“ oder Freundschaften zwischen kleineren Ortsgemeinden besiegelt wurden.
Auch in Schladming entwickelten sich im Laufe der Zeit mehrere derartige Verschwisterungen die nun schon einen jahrzehntelangen Bestand haben. Hinter all diesen Bestrebungen standen einerseits Persönlichkeiten des örtlichen Bereiches, andererseits waren gleichgeartete wirtschaftliche oder kulturelle Voraussetzungen für derartige Bündnisse maßgebend. Dass aber auch eine historisch begründete Gemeinsamkeit zweier Gemeinden zu einem Freundschaftspakt führen könnte, der gleichzeitig das Geschichtsbewusstsein ihrer Bewohner stärken würde, soll heute an einem Beispiel aus dem Ennstal gezeigt werden.
Beim Studium des Geschichtsverlaufes der Stadt Schladming und des Marktes Öblarn kommt man zur Erkenntnis, dass die einst tiefgreifende wirtschaftliche Abhängigkeit der beiden Orte voneinander auf dem Gebiet des Bergbaues auch heute noch Anlass genug wäre zu einem freundschaftlichen Zusammenrücken im Zeichen von Eisen und Schlägel.
Die Anfänge
Es begann schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts als sich das Eindringen süddeutschen Kapitals neben anderen österreichischen Montangebieten auch in der Steiermark abzeichnete. Die damals herrschende politische und wirtschaftliche Krise die auch das Bürgertum in den steirischen Städten und Märkten erfasste, sowie das Fehlen des zur technischen Betriebsführung notwendigen Kapitals waren die Gründe dafür, dass in vielen heimischen Bergbaubetrieben - so auch im Schladminger Obertal und in der Walchen bei Öblarn ausländisches Kapital investiert wurde.
Im Jahre 1552 erwarben die Gewerken Lukas Sitzinger aus Nürnberg und Andreas Prantmayr aus Augsburg im Kupferbergbau Walchen Schürfrechte und investierten für die rationellere Erzgewinnung und eine damit verbundene Verbesserung der technischen Anlagen viel Kapital. Durch diese Entwicklung war es notwendig geworden, dass für Öblarn ein eigener Berggerichtsverwalter unter der Jurisdiktion des Schladminger Bergrichters bestellt wurde. Nach dem Tod Lukas Sitzingers 1560 übernahmen dessen Söhne Lukas und Hans die Öblarner Berganteile, während anstelle des vermutlich 1568 verstorbenen Andreas Prantmayr die „Prantmayr'schen Erben” traten. Mit ihnen beteiligten sich nun auch die beiden Gasteiner Gewerken Hans und Christoph Weitmoser am Kupferbergbau in der Walchen.
Die Zeit einer bergbautechnischen Zusammenarbeit zwischen Öblarn und Schladming beginnt
Die Brüder Sitzinger und die Prantmayr'schen Erben erweiterten ihre Schurfrechte auch auf das Schladminger Obertal, womit die Zeit einer bergbautechnischen Zusammenarbeit zwischen Öblarn und Schladming begann, die rund 300 Jahre währte und die beide Orte in guten und schlechten Zeiten in wirtschaftliche Abhängigkeit voneinander brachte.
In erster Linie war es die Methode des Schmelzprozesses, die durch die Vermengung von Schladminger und Öblarner Erzen wesentliche Vorteile bot. Man schmolz z. B. den kupferärmeren, aber schwefelhältigeren „Walchener Kies“ mit den Schladminger Erzen, wodurch es möglich geworden war, den Kupfer- und Silbergehalt aus den Erzen reiner und produktiver zu gewinnen.
Aus einem bergbehördlichen Visitationsbericht geht hervor, dass ab 1568 in Schladming Silber und Kupfer, in Öblarn „Schwarzkupfer“ (Rohkupfer) und Silber geschmolzen wurde. Außerdem bestand in Öblarn auch eine Anlage zum Sieden von Kupfervitriol.
Dank der Investitionen der Sitzinger und Prantmayr war für den Bergbau im Schladminger Obertal und in Öblarn um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine Zeit der Blüte, die sich auch darin äußerte, dass das Berggericht Schladming in den Jahren 1561 bis 1563 Einnahmen in der Höhe von 15.000 Gulden verzeichnete.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts war ein deutlicher Rückgang der Erträgnisse im Schladminger Bergbau zu verzeichnen und auch in der Walchen wurde immer mehr mit Verlust gearbeitet. Hier wie dort erwies sich das abgebaute Material als immer minderwertiger und erzärmer, was in Anbetracht des durch Jahrzehnte betriebenen intensiven Abbaues, der schon einem Raubbau gleichkam, nicht verwundert. Aber auch das rücksichtslose Abholzen der Wälder für die Holzkohlengewinnung zum Betrieb der Schmelzöfen und schließlich die unsicheren Zeiten der Glaubensspaltung wirkten sich ungünstig auf die Weiterführung der Bergbauunternehmen aus.
Nach dem Tod der Brüder Sitzinger in den Jahren 1572 bzw. 1573 erbten die Söhne Lukas und Wilhelm, sowie die Tochter Ursula die Berganteile in Schladming und Öblarn. Durch die Verehelichung Ursula Sitzingers im Jahre 1583 mit Paul Behaim, einem Nürnberger Patriziersohn und Mitglied eines alten und berühmten Geschlechtes der freien Reichsstadt erlebten die beiden Bergbaue im oberen Ennstal nocheinmal einen kurzfristigen Aufschwung. Behaim reiste noch im Jahre seiner Verehelichung nach Schladming und Öblarn, um sich persönlich über die Möglichkeiten einer Intensivierung der Bergbaubetriebe zu informieren.
Über die wirtschaftliche Situation der beiden Ennstaler Bergbaue gibt es, aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Archiv des Germanischen Museums in Nürnberg ein umfangreiches Aktenmaterial in das der Verfasser dieses Berichtes im Vorjahr Einsicht nehmen konnte.
Aus dem Jahre 1593 ist z. B. noch eine Bilanz aus dem Hauptbuch des „Öbler Perg und Schmölzhandl der Herren Lucas und Wilhelbmen Sizinger, auch Herrn Baulusen Beheim“ vorhanden aus der hervorgeht, dass der Betrieb im Schladminger Revier schon stark reduziert war. Am „Schlädminger Perg“ waren zu dieser Zeit nur mehr Abbauten im Duisitzkar, eine „Fundtgrueben zu Pernstain, Sannct Cristoff am Gigler, Unnser Frau im Eiskhar und zur Haslstauden am Gaisperg“ in Betrieb. Dementsprechend wies das Berggericht Schladming zwischen 1593 und 1595 nur mehr einen bescheidenen Reinertrag von 292 Gulden aus (gegenüber 15.000 Gulden vor 30 Jahren!).
Nachdem sich im Jahre 1605 die Brüder Sitzinger aus dem Ennstal zurückzogen, folgte ihnen ein Jahr später auch Paul Behaim in diesem Entschluss womit ein halbes Jahrhundert Bergbaugeschichte von Zeiten des Erfolges bis hin zur wirtschaftlichen Krise an denen Schladming wie Öblarn gleichermaßen Anteil hatten,ihr Ende fand.
Hans Adam Stampfer verband ein zweites Mal beide Orte
Die beiden Bergbauorte im oberen Ennstal waren aber noch ein zweites Mal schicksalhaft voneinander abhängig geworden als wohl einer der berühmtesten Bergbauunternehmer der Steiermark, Hans Adam Stampfer den Kupferbergbau in der Walchen im Jahre 1666 kaufte und ihn nach anfänglichen Rückschlägen zu einem bergbautechnischen Musterbetrieb von internationaler Bedeutung ausbaute.
Hans Adam Stampfers Sohn, Hans Josef, übernahm nach dem Tod seines Vaters den Bergbaubetrieb in der Walchen und setzte auch zahlreiche Schurfbauten in der Umgebung von Schladming, besonders aber um die Giglachseen, wieder in Betrieb. Wie wir aus einem zeitgenössischen Bericht erfahren, wurde das zu Tage geförderte Schladminger Erz wie schon im 16. Jahrhundert aus wirtschaftlichen Gründen in der Walchen bei Öblarn geschmolzen: „So hat auch der hochwohlgeborne Herr von Stampfer im Schladminger Oberthal im Roßbley und in der Pramriesen viele Jahre auf silberhältige Bleyärze gebaut und die Ärze zu seinem acht Stunden von Schladming entfernt liegenden Gold-,Silber- und Kupferbergwerk in der Walchen abführen lassen.“
Drei Generationen der Familie Stampfer waren als Bergbauunternehmer sowohl in Schladming als auch in Öblarn tätig und brachten während des 18. Jahrhunderts die beiden Orte wie der in enge betriebswirtschaftliche Verbindung von der auch viele Bewohner durch eine gesicherte Existenz ihren Nutzen hatten.
Am Beginn des 19. Jahrhunderts versiegte allmählich der Erzreichtum in den Schladminger Tauern und, die ärarischen Werksgebäude in der Kohlgrube (Ramsauerstraße, Minigolfplatz Schladming), zu denen auch Schmelzhütten gehörten, wurden aufgelassen. So ergab sich abermals die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit Öblarn, da Theodor Graf Bathiany die Walchen allerdings unter schwerer finanzieller Belastung noch in Betrieb hatte.
Durch die Eröffnung des Gersdorffschen Nickelbergbaues in der Zinkwand im Jahre 1832 gab es nochmals einen kurzfristigen Kontakt zwischen den beiden Bergbauorten, da sich die Notwendigkeit ergab, die Nickelkiese zu verschmelzen ehe sie auf den Markt gebracht wurden. Da sich in Schladming aber zu dieser Zeit keine geeigneten Schmelzvorrichtungen mehr befanden, wurden die Nickelkrise nach Öblarn gebracht. Dies allerdings nur bis 1847, da man eine eigene Raffinierhütte mit Beamten- und Arbeiterwohnungen in Mandling errichtete.
Nun ist es still geworden in den einst so betriebsamen Gebieten des Schladminger Obertales und der Walchen bei Öblarn. Still geworden ist es aber auch im Wissen der Bevölkerung wie eng die Kontakte dieser beiden Orte einst waren. Vielleicht setzt sich die Erinnerung daran doch wieder durch.
Quelle
- Heimatkundliche Blätter von Schladming, Nr. 21, April 1993, Beitrag von Walter Stipperger