Schladminger Nickeljahr 2002

Aus EnnstalWiki
Version vom 4. Januar 2015, 18:46 Uhr von Peter Krackowizer (Diskussion | Beiträge) (Link Obertal konkretisiert (Tal/Ort))
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Im Schladminger Nickeljahr 2002 fand eine gemeinsame Tagung des Montanhistorischen Vereines für Österreich mit der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Schladming zum Thema „Das Leben und Wirken des Johann Rudolf Ritter von Gersdorff" statt (Montanhistorische Tagung in Schladming).

Allgemeines

Still geworden ist es in den Bergbauen der Schladminger Tauern, längst ist das Pochen von Eisen und Schlägel verstummt, doch in den verlassenen Erzgängen hört man manches mal den festen Tritt fachkundiger oder interessierter Besucher dieser sagenumwobenen alpinen Regionen an der steirisch-salzburgischen Landesgrenze. Auch das Schladminger Stadtwappen erinnert noch an die wechselvollen Zeiten der wirtschaftlichen Blüte und des Niederganges.

Heute sind die Bewohner der Stadt vom gegenwärtigen Geschehen bestimmt und einstige Ereignisse oder das Wirken mancher Persönlichkeiten, das die Bergstadt weit über die Grenzen der Steiermark bekannt machte, verblasst – soferne man überhaupt von der Tragweite solcher Geschehnisse informiert ist. Man wird sich dessen kaum bewusst, wie sehr heute noch das Montanwesen in den Schladminger Tauern im Blickpunkt des wissenschaftlichen Interesses steht und welche Bedeutung man dem Wirken so mancher Persönlichkeit beimisst, die vor Zeiten Schladming und sein Bergbaugebiet zu internationalem Ansehen verhalf.

Es ist Johann Rudolf Ritter von Gersdorff, General-, Land- und Hauptmünzprobierer der österreichisch-ungarischen Monarchie (* 1781, † 1849), dem im September 2002 eine Fachtagung des Montanistischen Vereines für Österreich mit der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Schladming gewidmet war.

Wieso Schladming als Tagungsort ausersehen wurde, ist damit zu begründen, dass die wohl bedeutendste Erfindung von Gersdorffs im Jahre 1824 mit dem Verfahren zur reinen Darstellung des bis dahin in Europa wenig bekannten Nickels gegeglückt ist. In diesem Zusammenhang errichtete er eine Nickelfabrik in Talhofbei Gloggnitz, welche als erste Nickelhütte in der österreichisch-ungarischen Monarchie angesprochen werden kann. 1832 erwarb v. Gersdorff den aufgelassenen Silber- und Kobaltbergbau Zinkwand im Obertal, der nun als Nickelbergbau eine neue Blütezeit erlebte.

Durch alle diese Unternehmungen wurde v. Gersdorff zum Begründer der 1834 in Österreich in höchster Blüte stehenden Packfongindustrie.

Während des Tagungsverlaufes in Schladming wurden auch eine Reihe von Fachvorträgen gehalten, bei denen auch die Verfasserin des Kataloges „Tafelkultur Marke Berndorf“, Ingrid Haslinger zu Wort gekommen war. Frau Haslinger gilt als die beste Kennerin der Alpakka-Erzeugnisse der Berndorfer Metallwarenfabrik, die letztlich auf eine Initiative von Gersdorffs zurückgeht.

Nach der Erwerbung des Bergbaues Zinkwand im Rohrmooser Obertal lebte von Gersdorff mit Vorliebe in Schladming, denn er hatte nicht nur die obersteirische Landschaft liebgewonnen, sondern er benützte auch die Gelegenheit der Nähe des Nickelbergbaues in der Zinkwand zu wissenschaftlichen Arbeiten. Dafür bot ihm das alte Gewerkenhaus Schladming beste Gelegenheit. Von Gersdorff kaufte das Haus am 23. Dezember 1841 vom Schladminger Bürger Florian Menner und richtete sich für seine Forschungsarbeit ein eigenes Laboratorium ein. Nicht nur als Mineraloge und Metallurg war v. Gersdorff weithin bekannt, auch seine Mitgliedschaft bei Institutionen der Kunst und Naturwissenschaft zeugte von der Vielseitigkeit seiner Interessen.

Im Jahre 1822 brachte Johann Wolfgang von Goethe als Präsident der „Societät für die gesamte Mineralogie zu Jena“ in einem am 18. Juli ausgefertigten Diplom zum Ausdruck „wie sehr sie sich's zur Ehre rechnet, den Herrn Johann Rudolf von Gersdorff zu ihrem auswärtigen Ehrenmitglied zuzählen zu dürfen“. 1837 wurde von Gersdorff ordentliches Mitglied des „Vereines zur Beförderung der bildenden Künste“ in Wien und 1839 Mitglied des „Industrie- und Gewerbevereines in Innerösterreich“ zu Graz, dessen Direktor Erzherzog Johann war.

Auch für Fragen der Landwirtschaft hatte von Gersdorff größtes Interesse, was auch aus dem Ankauf des „Edlachhofes“ bei Mürzzuschlag hervorgeht. Um sich ganz seiner von ihm bevorzugten Unternehmung, dem Nickelbergbau im Rohrmooser Obertal, der Zinkwand und der damit verbundenen Industrie widmen zu können, reichte von Gersdorff 1848 um seine Pensionierung ein. Er wollte seinen ständigen Wohnsitz endgültig von Wien nach Schladming, in das ehemalige Reisingerhaus in der Berggasse verlegen. Eine schmerzhafte Halserkrankung gönnte aber ihm diesen letzten Wunsch nicht, denn er starb schon wenige Monate später, am 30. April 1849.

Quelle