Marmorsaal (Schloss Trautenfels)
Der Marmorsaal im Schloss Trautenfels ist ein Repräsentationssaal.
Geschichte
Als Graf Siegmund Friedrich von Trauttmansdorff 1664 Neuhaus – später Schloss Trautenfels – erworben hatte, veranlasste er umgehend umfassende bauliche Veränderungen. Mit der Verpflichtung des Tessiner Malers Carpoforo Tencallas 1670 holte er sich somit eine der ganz großen damaligen Künstlerpersönlichkeiten. Graf Trauttmansdorff muss aus diesen Gründen auch über beachtliche finanzielle Möglichkeiten verfügt haben.
Durch die Zusammenlegung mehrerer Räume in zwei Geschosse war ein sehr hoher galerieartiger Festsaal entstanden, der große Gestaltungsflächen bot. Die Decke wurde mit Stukkaturen von Alessandro Sereni und dessen Werkstätte überzogen und auf diese Weise die in einem übergeordneten Programm zusammenhängenden szenischen Darstellungen Tencallas in einzelne Bildfelder gliedert. Tencalla gelang es innerhalb dieses dekorativen Systems, trotz der vorgeblendeten Stukkraster, den Eindruck eines nahezu durchgehenden blauen Himmelsraumes zu vermitteln. Dadurch entführt der Künstler den Betrachter in eine lichte Götterwelt mit einzigartiger und durchaus festlicher Atmosphäre. Als inhaltliches Programm wählte er das Thema über den Mythos der Goldenen Äpfel der Hesperiden, welches im Zentrum der Decke beginnt und in sechs Szenen entlang der Schmal- und Längsseiten weiter ausgeführt wird. Für diesen Mythos gibt es eine Vielzahl antiker Quellen bzw. Erzählungen. Carpoforo Tencalla griff für seine Schilderung auf ein 1646 in Rom veröffentlichtes populäres Werk von Giovanni Battista Ferrari zurück, worin sich dieser mit der Kultur von Zitrusfrüchten auseinandergesetzt hatte.
Deckenbilder
- Gaia überreicht Zeus und Hera ein Bäumchen mit goldenen Äpfel
- Der Drache Ladon als Hüter des Baumes
- Hercules erhält den Befehl, drei Äpfel zu rauben
- Hercules erschlägt den Drachen
- Juno befiehlt den Hesperiden, die Früchte in Sicherheit zu bringen
- Die Hesperiden verpacken die goldenen Äpfel
- Die Hesperiden segeln nach Italien
- Eingebunden in das Programm sind weiters die Allegorien der Gerechtigkeit und Stärke, der Klugheit und Mäßigkeit, die Vier Jahreszeiten, die Vier Elemente (Jupiter = Feuer; Neptun = Wasser; Juno = Luft; Gaia = Erde) sowie die Wappen von Graf Siegmund Friedrich von Trauttmansdorff und dessen Gattin Cäcilia Renata, Burggräfin von Dohna.
Friesbilder
- Das Urteil des Paris
- Venus nimmt Abschied von Adonis
- Apoll und Daphne
- Minerva und Kadmos
- Angelica und Medoro
- Ruggiero befreit Angelica
- Apoll und Koronis
- Apoll schindet Marsyas
- Orpheus und Eurydike
Allegorien
- Architektur
- Kindesliebe
- Kraft und Dauerhaftigkeit
- Eheliche Liebe und Treue
- Einigkeit
- Mäßigkeit
- Wahrheit
- Astronomie/Astrologie
- Reichtum
- Geometrie
Quelle
- Kaiser, Barbara, Gemälpoesy, Lehrgemäl und eingeblümte Zierwerk“. Die Deckengemälde in Schloß Trautenfels oder wie die Pomeranzen ins Ennstal kamen in: Brunner, Walter, Kaiser, Barbara: Schloß Trautenfels, Trautenfels 1992 (= Kleine Schriften der Abteilung Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum, Heft 22), S. 57 ff.