Schladminger Wirtschaftsgeschichte

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Der Artikel Schladminger Wirschaftsgeschichte sammelt Beiträge aus der Geschichte.

Konkurrenzkampf anno dazumal

Große Aufregung gab es im Jahre 1812 unter der Schladminger Kaufmannschaft, als unerlaubter Weise der „Bandlkramer" Johann Katzinger aus Niederösterreich seine Ware im Markt anbot.

Die Handelsleute Josef Harberger, Johann Miller und Rupert Glanner wandten sich sogar an das Kreisamt Judenburg mit einer Beschwerde gegen Katzinger. Man befürchtete, dass der Bandlkramer die vorübergehend stillgelegte, ehemals Radlerische Warenhandlung, die durch eine testamentarische Verfügung, dem Weißgerbermeister Franz Feichter zugefallen war, übernehmen und diese auf eine Spezerei- und Schnittwarenhandlung, erweitern würde. Die Befürchtung der Beschwerdeführer erwies sich aber als unberechtigt, da Katzinger zufolge eines kreisamtlichen Erlasses aus Schladming verwiesen wurde.

Das Kreisamt in Judenburg machte aber in einem Schreiben vom 26. Oktober 1812 die Handelsleute Harberger, Miller und Glanner aufmerksam, dass gegen eine allfällige Weiterführung der Radlerischen Warenhandlung, durch Franz Feichter nichts einzuwenden sei, wenn diese als Kurzwaren-Krämerei betrieben werde. Das Warensortiment dürfe aber nur folgendes umfassen: „Geschmeide, Eisenwaren, Bley, Schrott, Nadeln, Holz- und Berchtesgadenerwaren, geistliche Waren wie Rosenkränze, Ablaßpfennige und Bilder. Weiters Eßwaren, Büchserln und Pfeifen, Knöpfe, Haftln, Feuersteine,Schwefelkerzerln, Farben, wie es Färber und Tischler benötigen, somit Waren, welche die Schnitt-, Ellen und andere Kaufmanns- oder größere Handelswaren nicht berühren."

Der oben zitierte kreisamtliche Erlass gewährt dann im Folgenden noch einen weiteren interessanten Einblick in die genaue Zuweisung von bestimmten Warengattungen an Krämereien bzw.Handlungen, Georg Schragl und Paul Recheis, beide Inhaber einer Handlungsgerechtsame, ist der Verkauf von „Tuch und Socken allein, und nebenbei auch anderen Waren" gestattet, nicht aber der Handel mit „Stockfischen, Häringen, Tischlerfarben, Mössing, Zinn, Blech und Schrott." Paul Hoßmüller darf hingegen mit „Zeug, Bändern und allen anderen Waren mit Enthaltung von Tuch und Socken" handeln.

Die allgemein schlechte Wirtschaftslage der damaligen Zeit erklärt auch die strenge amtliche Zuweisung des Warenvertriebes durch das Kreisamt in Judenburg an die Schladminger Geschäftsleute. Es sollte damit eine Konkurrenzierung besonders in kleineren Orten verhindert werden.

Als es noch keine Apotheke gab

Blättert man in den Akten der Schladminger Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts, erfordert es beim Studium verschiedener Begebenheiten im Verhältnis zur heutigen Zeit ein gründliches Umdenken, um sich in denkaufmännischen Gepflogenheiten unserer Vorväter zurecht zufinden. Um 1840 gab es in Schladming natürlich noch keine Apotheke oder Drogerie. Die Bevölkerung war aber auf die Verwendung verschiedener Spirituosen und Chemikalien für den täglichen Gebrauch angewiesen und so gab es nur die „Handelsgerechtsame vor dem Kirchtor“, deren Inhaber für den „Gift- und Geisterverschleiß" befugt war.

Voraussetzung hierfür war aber ein amtliches „Moralitäts-Zeugnis", das zum Beispiel am 30. April 1840 von der Bezirksobrigkeit Haus ausgestellt wurde und folgenden Wortlaut hat:

Moralitäts-Zeugnis

Dem Johann Angerer, Besitzer der bürgerlichen Behausung Nr. 121 im Markte Schladming samt Handlungs-Gerechtsame, wird zur Steuer der Wahrheit hiermit amtlich bestätigt, dass derselbe nach hierortiger Uberzeugung einen streng moralischen Lebenswandel geführt, im Betragen solid, im Erwerbe emsig, im Geschäfte genau, und als ein rechtlicher Mann in der Gemeinde beliebt ist, daher die von ihm angesuchte Fortsetzung der schon von seinem Vorfahrer Franz Paul Atzlinger betriebenen Giftwaren-Handlung im Markte Schladming, keinen Bedenken unterliegt, vielmehr für die Bewohner der hiesigen Gegend und Umgegend wünschenswerth und nothwendig ist. "

Nicht nur die weltliche Behörde musste den guten Lebenswandel Johann Angerers und dessen Eignung für den Betrieb des Gift- und Geisterverschleißes bestätigen, es bedurfte auch einer Beurteilung des Pfarramtes:

Obiges Moralitäts-Zeugnis wird auch vom unterzeichneten Pfarramte seinem vollen Inhalte nach gewissenhaft bestätiget. Pfarramt Schladming, den 30. April 1840. Carl Rieger, Pfarrer."

Johann Angerer Vater und Sohn befassten sich gemäß ihrer Befugnis nicht nur mit dem Handel von Giftwaren, sondern betätigten sich auch mit der „Geisterbrennerei" und erzeugten dabei auch manch heilsamen Trank wie etwa den „Schlaggeist" oder den „Dachstein-Alpenbitter", der bis in die 1920er Jahre bekannt und begehrt war.

Quelle