Gindl-Hörndl-Gipfelkreuz: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 20. Februar 2021, 20:27 Uhr

Zeitzeugendokument
Dieser Artikel ist ein Zeitzeugendokument,ist im Originalwortlaut wiedergegeben und dem EnnstalWiki zur Verfügung gestellt worden. Es sollte daher auf sprachliche Korrekturen bitte verzichtet werden.
Das zweite aufgestellte Gindl-Hörndl-Gipfelkreuz auf Initiative von Leo Berger.
Datei:Gindl-Hörndl-Gipfelkreuz 2007 01.jpg
Das dritte Gindl-Hörndl-Gipfelkreuz, 2007, Initiator war Stefan Berger.
Die Einweihung des dritten Gindl-Hörndl-Gipfelkreuzes, 2007. Hier der Initiator Stefan Berger.
Die Einweihung des dritten Gindl-Hörndl-Gipfelkreuzes, 2007. Die Bläser sind Alois Strobl und Friedl Walcher.
Die Einweihung des dritten Gindl-Hörndl-Gipfelkreuzes, 2007. Segnung durch Pater Sigmund Peschl.
Die Einweihung des dritten Gindl-Hörndl-Gipfelkreuzes, 2007.

Die Geschichte vom Das Gindl-Hörndl-Gipfelkreuz erzählt von Stefan Berger.

Die Geschichte

Die Geschichte des „Gindl Hörndl Gipfelkreuz“ hängt ganz mit der Geschichte vom „Gamsjaga-Häusl“ zusammen, denn ich glaube ohne das „Gamsjaga-Häusl“ würde vielleicht heute noch kein Kreuz da oben stehen, oder es wäre viel später ein Anlass gekommen, der die Bevölkerung veranlasst hätte, da oben auf diesem zwar unscheinbaren, aber schönen Aussichtsberg, ein Kreuz aufzustellen.

Vier echte Fahnenflüchtlinge oder Kriegsverweigerer haben sich in diesem kleinen „Gamsjaga Häusl“ mit Erlaubnis von einen echten Nazi in den letzten Kriegstagen versteckt und haben so den Krieg überlebt. Es waren zwei Frauen und zwei Männer, alle um die 20 Jahre alt, alle aus Wien. Drei davon waren eines Tages so um den 8. Mai 1945 herum, als es festgestanden war, dass der Krieg tatsächlich zu Ende war, einfach losgezogen und auf Umwegen in Richtung Wien aufgebrochen. Niemand hat je erfahren, ob sie auch tatsächlich ihre Heimat, oder das Ziel welches sie angestrebt haben, erreichten.

Nur einer, der Anführer, vielleicht war es auch der Älteste, der ist geblieben. Er hatte uns erzählt, dass er auf Umwegen erfahren hat, dass seine gesamte Familie bei einem Bombenangriff in Wien ums Leben gekommen war und auch das Haus, worin alle gewohnt hatten, nicht mehr existiert. Daher meinte er: "Was soll ich da in Wien machen? Aber aus Dank dafür, dass wir den Krieg überlebt und hier Unterschlupf gefunden haben, vor allem, weil uns so viel geholfen wurde, möchte ich als Zeichen der Dankbarkeit, aber auch als Andenken, da oben auf dem Gindl Hörndl, ein Kreuz aufstellen. Was muss ich machen, wer ist da zuständig?"

Ja mei“ meinte mein Vater, wieder der Gindl unser Nachbar, der Gipfel und das ganze Rundum gehört einmal den Gindl und obwohl er dafür keine Steuern zahlen muss, weil der ganze Berg als unproduktiv eingetragen ist, ist es trotzdem auf seinen Namen geschrieben.

Wie schon öfter hatte uns mein Vater zum Gindl-Bauern, den Besitzer des Grundstückes „Gindl Hörndl“ geschickt, um die Erlaubnis einzuholen. Erstens ist es so der Brauch, dass man fragt und zweitens, wir brauchten ja auch Holz dazu. Da oben standen damals kleine Lärchen, die gerade richtig für ein Gipfelkreuz waren. Es ist zwar so, dass für diesen Bereich Berggipfel niemand eine Grundsteuer bezahlt, weil es im Grundbuch als „unproduktiv“ verzeichnet ist, aber in der Grundstückmappe ist doch der Besitzer eingetragen, daher ist zu fragen.

Schon bei der Begrüßung war dem großen „Gindl“ anzumerken, hier hatte sich etwas verändert. Seit dem Kriegsende war allerdings auch einiges passiert und ein gewisser Stimmungswandel war dem Ortsbauernführer und Nazi anzumerken. Er war, so wie man sagt, etwas „kleinlaut“, irgendwie verändert im ganzen Benehmen. Heute erst wird mir bewusst, er war richtig demütig.

Es gab da einige Gründe dafür. Er hatte in den letzten Kriegstagen seinen ältesten Sohn, den Franz, verloren. Der war noch eine Woche vor Kriegsende Zuhause gewesen und war mit meinem Bruder noch einmal zur Partisanen-Bekämpfung nach Ungarn eingezogen worden. Beide waren dort in den letzten Kriegstagen ums Leben gekommen. Dies ist aber eine andere Geschichte. Ein weiterer Anlass seiner betrübten Stimmung war wohl, er wusste, dass alle Nazis jetzt, nachdem der Krieg verloren war, einen schweren Standpunkt haben werden. Viele wurden ja, was man so gehört hatte, von den Amerikanern verhaftet, andere sofort erschossen. Es sah also nicht rosig für diese Hitler-Anhänger zu dieser Zeit aus.

Also, wieder durfte ich mit dem Alfred mitgehen um den Nachbar zu fragen, was er davon hält und ob er überhaupt einverstanden sei? Ich hatte dabei ein furchtbar schlechtes Gewissen. Womöglich wusste er schon, dass ihm die Vier Fahnenflüchtlinge, um nicht zu verhungern, ein Schaf gestohlen hatten, womöglich wusste er auch schon, dass ich da dabei gewesen bin? Mir war richtig schlecht und doch dachte ich mir - da mussten wir jetzt durch!

Umso überraschter waren wir dann, dass der Gindl Vater gar nicht abgeneigt war, ja ich hatte das Gefühl, er hat sich gefreut, dass jemand auf die Idee gekommen ist! Heute glaube ich, dass dies einen bestimmten Grund hatte, nämlich, in der letzten Woche des furchtbaren Krieges ist sein Sohn Franz als vermisst oder gefallen gemeldet worden. Daher glaube ich, hatte er sich gedacht, ist auch für seinen Sohn, der ganz sicher Bauer werden sollte, ein Kreuz zum Andenken da oben auf seinen Berg eine schöne Sache.

Mit der Zusage und der gleichzeitigen Erlaubnis, dass wir auch eine kleine Lärche für das Kreuz nehmen dürfen, traten wir den Heimweg an und ich war sehr erleichtert. Er hatte nichts vom Schaf gesagt, also war auch diese Sache erledigt. Dazu muss ich aber sagen, diese Sache mit dem gestohlenen Schaf hat mich das ganze Leben begleitet. Immer wieder ist mir eingefallen, wie undankbar der Mensch sein kann, wenn es ums nackte Überleben geht. Der Gindl hatte den Fahnenflüchtigen einen Unterschlupf geboten, wobei er sich selbst in Lebensgefahr gebracht hatte, und dafür hatten sie dem Bauern, ganz gemein, aus Hunger und in größter Not, ein Schaf gestohlen und mich als zehnjähriges Kind zum Mittäter gemacht. Dies aber nur nebenbei, dies ist in der Geschichte „Gamsjaga Häusl“ genauer erzählt.

Schon am nächsten Tag wurden Vorbereitungen getroffen. Das notwendige Werkzeug wurde von meinen Vater ausgesucht. Die Zugsäge wurde extra gefeilt, die Hacken und Stemmeisen ebenso scharf gemacht, und alles zusammengebunden, Nägel und Bohrer in den Rucksack verpackt.Krampen und Schaufel brauchten wir auch und alles da hinauf zu tragen war schon nicht so einfach.

Ich bin sicher, sehr viel werde ich damals nicht getragen haben, aber immerhin ich hatte für meine zehn Jahre einen echten Hilfsarbeiter ersetzt. Wie die ganze Sache genau abgelaufen war, kann ich nicht mehr so ganz genau wiedergeben. Nur Einzelheiten die ins Mark gegangen sind.

Das Kreuz war schnell gezimmert und ein kleines Loch am Gipfel gegraben, das Kreuz mit einer Höhe von ungefähr drei Meter aufgestellt. Aber dann begannen die Probleme. Es musste auf jeden Fall verankert werden, sonst weht der erste Wind das Ganze wieder um. Ein Stahlseil wäre da hilfreich gewesen. Dies gab es damals aber nicht und wenn, es brauchte dazu auch Seilklemmen, die waren überhaupt nicht zu bekommen. Also war guter Rat teuer?

Jetzt war meine Erfahrung aus dem Militärlager in Untergrimming, wo ein ganzer Haufen an Kriegsmaterial, vor allem Telefone und Kabel nur so herum gelegen waren, sehr gut zu gebrauchen. Auf meinen Rat hin, waren wir nach Untergrimming gegangen und tatsächlich, da war eine ganze Kabeltrommel mit Telefonkabel, säuberlich aufgerollt. Nur die ganze Trommel war einfach zum tragen zu schwer.

Es gab nur eine Möglichkeit, das Kabel abrollen und in Stücke zerschneiden, so könnten wir es schaffen. Aber auch abschneiden war nicht so einfach. Damals gab es keine Kombi-Zange oder dergleichen. Man musste daher erfinderisch sein, vom Bauern eine Axt ausleihen und damit wurde das Telefonkabel, welches aus einer Menge dünner Kupferdrähte bestand, welche wiederum mit vielen verschiedenen Farben isoliert zusammen gedreht zu einen etwa fingerdicken Kabel gemacht war, zerhackt. Ein Stück Holz untergelegt und mit einem gezielten Schlag waren ein Stück nachdem anderen zurecht gehackt. Vier hatten wir gebraucht. Der Alfred hatte drei Teile über die Schulter geladen, ich nur eins, und auch dieses wurde bis ganz hinauf zum Gipfel ganz schön schwer, den von Untergrimming bis auf den Gipfel waren einmal einige Höhenmeter und ein steiler Weg von einer Gehzeit von zwei Stunden zu bewältigen.

Nun begann das Abspannen. An drei Punkten hatten wir schon Eisenhacken zwischen den Felsen einschlagen können, aber bei dem vierten Punkt, da gab es Probleme. Da war es nicht möglich einen Hacken anzubringen, denn die Felswand geht direkt neben dem Kreuz senkrecht in die Tiefe. Also war auch hier wieder guter Rat teuer. Ja etwas weiter in der Wand, die da wohl an die 100 Meter in die Tiefe geht, da wäre eine kleine Kiefer, die da in einer Felsspalte verwurzelt war. Da könnten wir das Kabel anbinden, aber wie kommen wir da hin? Ja und wieder traf es mich. Ein Heu-Seil wurde von zuhause geholt, ein Ende dem kleinen“ Stefferl“ um den Bauch gebunden und der Alfred hatte mich da hinunter gelassen! Eine extreme Sache. Wäre da irgend etwas schief gelaufen, ich hätte den Flug ins Tal nicht überlebt.

Ich bin seither sehr oft da oben gestanden und die Kiefer steht noch immer dort- Sie ist nur etwas größer geworden. Die Verankerung ist jetzt anders gemacht und ich werfe immer wieder einen Blick da hinunter, und jedes Mal geht es mir kalt über den Rücken, was für ein Wagnis der gute Alfred damals da eingegangen war.

Irgendwie war ich damals stolz auf mich, nur heute darf ich nicht mal runterschauen, da kommt mir das wahre „Grausen“!

Diese erste Kreuz hatte, obwohl es nur ein Lärchenholz mit Rinde war, sehr lange gehalten. Das zweite wurde dann vom Wirt des Dachsteinblick aufgestellt. Darüber gibt es leider keine Informationen.

Dann kam der schwere Sturm über ganz Europa, der Kyrill. Von 18. auf den 19. Jänner 2007 wurden ganze Wälder umgelegt und dabei hatte es auch das Gindl-Kreuz erwischt. Gerade zu dieser Zeit war ich aus dem Krankenhaus gekommen und hatte eine blöde Geschichte hinter mir. Prostata Krebs war die Diagnose und nachdem alles doch noch früh genug operiert wurde und ich schon wieder daheim war, kam der Obmann des Alpenvereins Sektion Stainach zu mir und hatte mich gebeten, ob ich das kaputte Kreuz ersetzen könnte? Meine Antwort war ein klares JA! Und ich mache es euch, dem Verein und für alle Bergfreunde, auch gerne kostenlos, zum Dank, dass ich wieder einmal „davon gekommen bin“.

So ist es dann passiert. Der Franz Schachner vlg. Pöreiter hatte mir das Lärchenholz geschenkt und eine Lärchenbrett dazu. Da habe ich den Text „Herrgott die Welt ist schön“, hinein geschnitzt. Die Alpenvereinsmitglieder vom AV. Stainach mit dem Obmann Karl Kronsteiner, der leider nicht mehr unter uns ist, hatten das Kreuz auf den Gipfel getragen und fachgerecht aufgestellt.

Ich bin stolz darauf, dass ich das zweite Mal zum „Hörndl Kreuz“ etwas beitragen konnte und es wird hoffentlich nach mir wieder jemanden geben, der unsere Ideen und Werke, wenn es nötig ist, wieder errichtet, und vielleicht denkt dann noch jemand an die Entstehungsgeschichte. Damit es nicht so leicht vergessen wird, habe ich es niedergeschrieben, denn solche Sachen sollten nicht vergessen werden!

Quelle

  • Per E-Mail am 19. und 22. September 2020 von Stefan Berger an Hermann Harreiter und via E-Mail an Admin. Peter
Erzählungen von Stefan Berger