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== Unerwarteter Freispruch ==
 
== Unerwarteter Freispruch ==
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Am [[15. Juli]] 1932 fand dann der neuerliche Lokalaugenschein statt. Es waren etwa 200 Menschen, die sich zum Ort des Geschehens begaben. Unter ihnen sah man auch eine schlichte, schwarz gekleidete Frau, die Mutter des ermor­deten Höflechner. Nach überaus beschwerlichem Anstieg von etwa einer halben Stunde erreichte man den sogenannten Brand­kogel. Dort sah man einen aus dem Geröll hervorragender Stein, auf dem sich ein Kreuz befand, unter dem auf einer Kupferplatte zu lesen steht "Andenken an den Jäger Höflechner 1931".
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Unter Hinweis auf den im Montag-Mittagblatt des "Grazer Tagblatts" er­schienenen Bericht "Nachwort zum Freispruch vom Jägermord" ersuchte der Verteidiger des August Dor­mann, Dr. Otto Spiegel, um die Veröffentlichung nach­ stehender Zeilen:<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=gtb&datum=19320720&seite=5&zoom=33&query=%22J%C3%A4germord%22&ref=anno-search ANNO], "Grazer Tagblatt", Ausgabe vom 20. Juli 1932, Seite 5</ref>
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Dormann schildertedann den Zusammenstoß mit dem Jäger, wie er aus der Verhandlung bekannt war. Jetzt zeigte er keine Müdigkeit mehr, sondern fühlte sich ganz in seinem Element. Er zeigte eine unglaubliche Gelenkigkeit, als er sich mit kurzem Anlauf an einem Fichtenast 180 Grad um den Baumstamm herumwirbelte. Als der Staatsanwalt in diesem Zusammenhang beantragte, zwei Jäger möchten sich dazu hergeben,
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Flucht und Verfolgung vorzuführen, wobei der Verfol­ger versuchen sollte, mit dem Gewehr auf der Achsel auf den Flüchtling, und zwar mit beiden Händen, einen Schlag mit einem Stock zu führen, erklärte Dormann frech: "Das sind lächerliche Feststellungen!" — Staats­anwalt: "Unglaublich, solch eine Impertinenz lasse ich mir von einem solchen Menschen nicht gefallen!"
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Um halb 11 Uhr Vormittag schloss der Vorsitzende nach Erstattung eines Gutachtens des Sanitätsrates Dok­tor Kraemer den Lokalaugenschein. Um 15:30 Uhr Nachmittag wurde im Turnsaal des Deutschen Turnvereines Gröbming unter ungeheurem Andrang die Verhandlung fortgesetzt.<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=gtb&datum=19320716&seite=2&zoom=33 ANNO], "Grazer Tagblatt", Ausgabe vom 16. Juli 1932, Seite 2</ref>
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Bei der Verhandlung legte der Gerichtshof den Geschworenen eine Haupt­frage auf Mord, eine Eventualfrage auf Tot­schlag, im Falle der Verneinung der Hauptfrage und eine Hauptfrage auf öffentliche Gewalttätigkeit vor. Die Geschworenen verneinten einstimmig die Frage auf Mord und die Frage auf Totschlag beantworteten sie mit 9 Nein und 3 Ja. (Große Bewegung im Saal.) Die dritte Frage beantworteten sie mit 9 Ja und 3 Nein. Gleichzeitig baten sie den Gerichtshof um größtmög­liche Milde. Dieses Ersuchen löst im Saal die größte Em­pörung aus. Es werden stürmische Pfuirufe laut. Der Vorsitzende mahnte zur Ruhe.
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Staatsanwalt Dr. Suppan erklärte, dieser Wahr­spruch der Geschworenen enthalte einen Widerspruch. Der Vorsitzende bestätigte nach kurzer Beratung diese Tatsache und forderte die Geschworenen auf, sich noch
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einmal zurückzuziehen und den Wahrspruch zu verbessern. Diese Verbesserung konnte sich nur auf die dritte Frage beziehen. Nach abermaliger Beratung beantworteten sie die 3. Frage mit 9 Nein und 3 Ja.
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Daraufhin endete die Verhandlung um 1 Uhr früh mit dem Freispruch Dormanns. Vor dem Turnsaal, wo die Verhandlung stattgefunden hatte, war eine große Menschenmenge versammelt, die ihrer Empörung über den Freispruch Luft machte. Besonders in Jägerkreisen begreift man diesen nicht. Gendarmerie räumte schließlich den Platz.<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=gtb&datum=19320716&seite=12&zoom=33 ANNO], "Grazer Tagblatt", 16. Juli 1932, Seite 12</ref>
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Unter Hinweis auf den im Montag-Mittagblatt des "Grazer Tagblatts" er­schienenen Bericht "Nachwort zum Freispruch vom Jägermord"<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=gtb&datum=19320718&seite=5&zoom=33 ANNO], "Grazer Tagblatt", Ausgabe vom 18. Juli 1932, Seite 5</ref> ersuchte der Verteidiger des August Dor­mann, Dr. Otto Spiegel, um die Veröffentlichung nach­ stehender Zeilen:<ref>[https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=gtb&datum=19320720&seite=5&zoom=33&query=%22J%C3%A4germord%22&ref=anno-search ANNO], "Grazer Tagblatt", Ausgabe vom 20. Juli 1932, Seite 5</ref>
 
<blockquote>''Der Lokalaugenschein ergab keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Jäger Höflechner aus einem Hinterhalte oder daß er im Kampfe mit einem oder mehreren Wil­derern erschossen wurde. Auch die in dem überfüllten Saale des Deutschen Turnvereines zu Gröbming durch­geführte Verhandlung ergab keinerlei Beweisgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob der Tod des Jägers Höflechner durch Mord, Totschlag oder einen unglück­lichen Zufall erfolgte. Die Geschworenenbank bestand aus zwölf ordentlichen und zwei Ersatzgeschworenen: unter diesen vierzehn Geschworenen, die den verschiedensten Berufen angehörten, waren, wie sich bei der Beeidigung ergab, lediglich zwei Konfessionslose, während alle anderen der katholischen und evangelischen Religion an­gehörten. Die Geschworenen haben sich nunmehr für keine der verschiedenen Möglichkeiten, die zum Tode des Jägers Höflechner geführt haben konnten, entschieden und mußten aus diesem Grunde die Mord- und Totschlags­ frage verneinen, eine Frage auf fahrlässige Tötung war den Geschworenen nicht vorgelegt worden, weil aus dem Bervetsverfahren ein Anhaltspunkt dafür, daß der Tod des Jägers Höflechner ans einer Fahrlässigkeit des An­geklagten beruhe, nicht gegeben war. Der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes, OLGR. Dr. Marinitsch, nutzte in­folge des großen Interesses an diesem Prozesse, um eine Überfüllung des Turnsaales zu vermeiden, den Zu­tritt zur  Schwurgerichtsverhandlung nur jenen Personen Vorbehalten, die sich rechtzeitig Eintrittskarten gesichert hatten. Eine Kontrolle über die Zuschauer an den offenen Fenstern war dem Schwurgerichtshofe unmöglich, der Vorsitzende hat ausdrücklich betont, daß er unmündigen Personen die Anwesenheit bei der Schwurgerichtsverhandlung nicht gestatte. Was nun schließlich mein Verteidigungshonorar anlangt, so ist das Gerücht, es habe "eine Wildererbande" meinem Klienten für die Auf­bringung desselben gehaftet, vollkommen aus der Luft gegriffen, weil das Honorar von der Familie des An­geklagten Dormann bezahlt worden ist.  
 
<blockquote>''Der Lokalaugenschein ergab keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Jäger Höflechner aus einem Hinterhalte oder daß er im Kampfe mit einem oder mehreren Wil­derern erschossen wurde. Auch die in dem überfüllten Saale des Deutschen Turnvereines zu Gröbming durch­geführte Verhandlung ergab keinerlei Beweisgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob der Tod des Jägers Höflechner durch Mord, Totschlag oder einen unglück­lichen Zufall erfolgte. Die Geschworenenbank bestand aus zwölf ordentlichen und zwei Ersatzgeschworenen: unter diesen vierzehn Geschworenen, die den verschiedensten Berufen angehörten, waren, wie sich bei der Beeidigung ergab, lediglich zwei Konfessionslose, während alle anderen der katholischen und evangelischen Religion an­gehörten. Die Geschworenen haben sich nunmehr für keine der verschiedenen Möglichkeiten, die zum Tode des Jägers Höflechner geführt haben konnten, entschieden und mußten aus diesem Grunde die Mord- und Totschlags­ frage verneinen, eine Frage auf fahrlässige Tötung war den Geschworenen nicht vorgelegt worden, weil aus dem Bervetsverfahren ein Anhaltspunkt dafür, daß der Tod des Jägers Höflechner ans einer Fahrlässigkeit des An­geklagten beruhe, nicht gegeben war. Der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes, OLGR. Dr. Marinitsch, nutzte in­folge des großen Interesses an diesem Prozesse, um eine Überfüllung des Turnsaales zu vermeiden, den Zu­tritt zur  Schwurgerichtsverhandlung nur jenen Personen Vorbehalten, die sich rechtzeitig Eintrittskarten gesichert hatten. Eine Kontrolle über die Zuschauer an den offenen Fenstern war dem Schwurgerichtshofe unmöglich, der Vorsitzende hat ausdrücklich betont, daß er unmündigen Personen die Anwesenheit bei der Schwurgerichtsverhandlung nicht gestatte. Was nun schließlich mein Verteidigungshonorar anlangt, so ist das Gerücht, es habe "eine Wildererbande" meinem Klienten für die Auf­bringung desselben gehaftet, vollkommen aus der Luft gegriffen, weil das Honorar von der Familie des An­geklagten Dormann bezahlt worden ist.  
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''Die Erbitterung über den ungesühnten und unauf­geklärten Tod des Jägers Höflechner ist gewiß begreif­lich, doch kann den Geschworenen kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß sie in einem derart komplizierten Falle mangels ausreichender Beweise für den Tatbestand des Mordes oder Totschlages diese beiden Hauptfragen verneinten. Die Bejahung der Frage in der Richtung des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch gewaltsame Handanlegung gegen obrigkeitliche Personen war widersinnig, wenn die Voraussetzung des Mordes oder Totschlages nicht gegeben war. Aus diesem Grunde
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''Die Erbitterung über den ungesühnten und unauf­geklärten Tod des Jägers Höflechner ist gewiß begreif­lich, doch kann den Geschworenen kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß sie in einem derart komplizierten Falle mangels ausreichender Beweise für den Tatbestand des Mordes oder Totschlages diese beiden Hauptfragen verneinten. Die Bejahung der Frage in der Richtung des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch gewaltsame Handanlegung gegen obrigkeitliche Personen war widersinnig, wenn die Voraussetzung des Mordes oder Totschlages nicht gegeben war. Aus diesem Grunde haben die Geschworenen über Antrag der Staatsanwalt­schaft und nach Belehrung durch den Vorsitzenden auch die dritte Frage verneint.</blockquote>
haben die Geschworenen über Antrag der Staatsanwalt­schaft und nach Belehrung durch den Vorsitzenden auch die dritte Frage verneint.</blockquote>
      
== Kurzbericht im "Der Ennstaler" ==
 
== Kurzbericht im "Der Ennstaler" ==