Im Steiermärkischen Landesarchiv in Graz gibt es eine Evangelische Chronik von Schladming, geschrieben vom ersten Prediger daselbst Michael Schmal und Nachfolgern bis 1820" aufliegt. In dieser Chronik sind manche weniger bekannte Einzelheiten aus der Geschichte der evangelischen Gemeinde Schladmings zu lesen, die nun hier auszugsweise gebracht werden sollen.

Aus der Amtszeit von

Michael Schmal (1783 - 1794)

Hauptartikel: Michael Schmal

Am ersten Adventsonntag hielten wir unsere erste gottesdienstliche Versammlung in der großen Stube im Weicklischen Hause, bei dem ich auch mein Quartier, in dem sogenannten Kapuziner Stübl nahm, wo ich bis Michaeli 1783 - denn erst um diese Zeit wurde das Pfarrhaus fertig und bewohnbar blieb. Nach einigen Wochen brauchte der Weickl, Johann Schweiger seine Stube, in der wir ohnehin nicht Platz hatten und wir übersiedelten mit unserem Gottesdienste zum Wehrhofer auf die Tenne, allwo wir unsere Versammlung bis auf den Tag Petri und Pauli hielten. Gleich anfangs entstand die sehr schwer zu entscheidende Frage wo wir das Bethaus hinbauen sollen. Die Anträge waren sehr verschieden. Der hiesige Magistrat wollte, wir sollen auf der sogenannten Froschlacke bauen, einige von der Bauernschaft bei Wehrhofer,einige aber auf der Kohlgruben beim Fleischmann'schen Hause und das besagte Haus das man zu erkaufen gedachte, sollte die Pfarrliche Wohnung sein. Endlich verglich man sich nach vielen Debatten das gegenwärtige Haus dem Michl Simmerlehner abzukaufen und es sowohl zum Bethause als auch zum Pfarr- und Schulhause einzurichten. Dieser nicht gar glückliche jedoch kostsparige Gedanke war auch von allen genehmiget und gut geheissen und das Haus wurde für 900 fl Kaufschilling und 50 fl Leikauf von besagten M. Simmerlehner verhandelt. Es war äusserst elend und glich mehr einem Spital als einer Wohnung. Die eine Mauer gegen die Amtsverwaltung drohte dem Einsturz. Martin Gföller vlgo. Rochl und Franz Schupfer vlgo. Klock im Thal wollten durchaus die Kosten sparen und ließen daher die vielen Pfeiler die das Haus so sehr verstellten hinzuflicken. Die Rechnung bei dem Baue .zu führen trug man mir über, die ich auch mit Beiziehung der Vorsteher führte. Die allerersten Vorsteher, die man gleich 8 Tage nach meiner Ankunft gewählet und die die Kassa-, Bau- und andere Angelegenheiten der Gemeinde mit mir besorgt haben waren folgende: Johann Winterer vlgo. Stainacher, Martin Gföller vlgo, Rochl, Franz Schupfer vlgo. Klock, Peter Schrempf vlgo. Wehrhofer, Andreas Steiner vlgo. Aigner, Paul Steiner Mayer in Mandling, Paul Fritzlechner vlgo. Pointner und Franz Pachler vlgo.Rauner.

Nachdem man mit dem Baue des Bethauses so weit fertig wurde, daß wir darinnen zusammen kommen konnten, so war solches am Feste Petri und Pauli eingeweihet. Um diese Zeit ohngefähr wurde Andreas Waldhuber vom Thauern bei Trieben gebürtig, zum Schullehrer und Kantor gewählet, welcher sein Amt bis 22. April 1792 verwaltete. Er konnte aber den Schulunterricht erst nach Michaeli 1783 anfangen.

Bei meiner Ankunft bestand die Gemeinde nicht ganz aus 1 000 Seelen, aber mit der Zeit vermehrte sie sich auf 1 500. Als ich nach Schladming kam, pflegten sowohl Pichler als auch Ramsauer ihre Todten auf dem katholischen Freythofzu begraben. Es kam dahero auf mich auch die letzten zu bestatten, da Herr Hirschmann solche nicht begleiten durfte. Nach der Zeit rieth ich aber seiner Gemeinde bei dem Kreisamte um einen eigenen. Begräbnisort anzuhalten, welcher ihnen. auch ohne viele Schwierigkeiten zugestanden war.

Wie schon oben angemerkt wurde, begruben wie unsere Leichen ganz ruhig und ohne Anstand auf dem katholischen Friedhof. Da aber von denselben in die katholische Kirchenkasse für das Läuten und für die Grabstätten manche Gulden fielen, erhandelte die Gemeinde von Peter Schrempf vlgo. Werhofer den Platz zum gegenwärtigen evangel. Freythof, gegen Erlag von 6 fl. jährlich, wie hiervon der beim Bethause vorfindige Vertrag zeiget. Man war aber damit erst 1787 fertig und die ersten Todten die auf solchen ruhen waren Philip Rauner vlgo. Brandstätter und Christoph Pichler verheurateter Inwohner die als Erstlinge auf einmal bestattet wurden.

Im Jahre 1792 den 22. April starb der erste Schullehrer der Gemeinde, Andreas Waldhuber an der Auszehrung. Seine Schulfähigkeiten waren äußerst mäßig und nur aus Noth ward er von mir zum Schul- und Kantor-Amte der Gemeinde vorgeschlagen. An seine Stattward der Ramsauer Schullehrer Johann Findenik auf mein, ich gestehe es, zudringliches Anraten nach Schladming beruffen, der aber unseren Erwartungen bei weitem nicht entsprach. Nach ihm hatte man den jetzigen Schullehrer namens Matthias Rastl berufen, der viele gute Anlagen zu haben scheint.

Meine Abschiedspredigt bei welcher das Bethaus voll gepfropft war hielt ich den 7. Sonntag nach Trinidatis, das ist der 3. August 1794. Gott wolle meine unvollkommene Arbeit an dieser Gemeinde, bei der ich unter vielen Verfolgungen, Bedrückungen, Seufzen und Neide, 11 Jahre und 8 Monate, seine·Wahrheit verkündigte, gnädiglich ansehen, aus uns samt und sonders bessere Menschen machen, die nicht ganz unwürdig wären in jene bessere Verfassung zu gelangen, die er nach der jetzigen Auflösung uns vorbereitet hat. Geschrieben und geendigt Schladming den 10. August 1794 von Michl Schmal ersten evang. Prediger allhier."

Carl Samuel Biermann (1794 - 1797)

Hauptartikel: Carl Samuel Biermann

Da ich noch nicht das 25. Jahr meines Lebens zurückgelegt hatte, war ich also zu dem wichtigen Amte eines Seelsorgers und zwar in einer entfernten mir ganz unbekannten Gegend bestimmt. Denn Preßburg in Ungarn ist mein Geburtsort, wo ich den 22. August 1769 das Licht der Welt erblickte. Mein Vater Johann Karl Biermann war daselbst bürgericher Bäcker gewesen".

Über seinen Abschied von der evangelischen Gemeinde Schladming schreibt Biermann: „Mit dem feurigsten Danke gegen die Vorsehung, die mir hier die allgemeine Liebe sowohl meiner Gemeinde als auch aller Anderen, Vornehmen und niedrigen Alten und Jungen verschafft hat, verlasse ich nun in wenigen Stunden diesen Ort, wo ich manche Erfahrung gemacht und manches Vergnügen genossen habe. Gott gebe nur daß es mir nie ärger ergehe, als es mir hierergangen ist und segne auch die Arbeiten meines Nachfolgers und jedes christlichen Lehrer an jedem Orte, wie er mir in den 2 Jahren und 7 Monaten meiner Amtsführung gnädiglich beigestanden ist. Amen. Schladming den 13. März 1797 um 2 Uhr morgens. Carl Samuel Biermann der zweite Prediger an dieser Gemeinde."

Nach Carl Samuel Biermann folgten die Pastoren Johann Winterlich und Andreas Häufel die aber in der Chronik der evangelischen Gemeinde Schladming nur kürzere Eintragungen ohne wesentliche lokalhistorische Informationen machten.

Theodor Wehrenfenig (1816 - 1820)

Hauptartikel: Theodor Wehrenfenig

Den 28. April 1816 war es, als ich vor meiner Gemeinde das erstemal auftrat. Das neue Bethaus zwar schon erbaut, allein das Innere desselben war noch nicht vollendet. An den Kirchenstühlen Schladming im Jahre 1864 wurde noch immer gearbeitet und auf mein Zureden wurde von Rottenmann der Bildhauer Fortschegger verschrieben, der mit Hilfe eines Paares Tischlergesellen Altar und Kanzel verfertigte. Schade ist es, daß das Bethaus nicht um 2 oder 3 Klafter länger ist oder höher aufgeführt, doppelte Emporkirche in sich faßt, so hätte doch jedermann Stühle bekommen. Mit Missvergnügen wird auch mein Nachfolger das unpassende Motto an der Wölbung und den alten Liedervers lesen.

Um die Absicht dieser Chronik nicht gänzlich zu verfehlen, ist es auch nötig einige Erfahrungen hierin niederzuschreiben um den Nachfolgern schon vorläufig mit den Verhältnissen bekannt zu machen in die er hier tritt.

Mit 22 Jahren - in meinem Alter in welchem noch keiner vor mir in Wien ordiniert wurde, trat ich hier das Amt an und nur 4 Jahre dauerte die Zeit meines Hierseins. Auffallend ist in hiesiger Gegend das Zurückbleiben an äußerer Bildung, ein gewisses allzu natürliches Benehmen eine gewisse Derbheit in ihrer Sprache verrät sich gleich beim ersten Anblick, aber es liegt auch eine gewisse Gutmütigkeit darinnen, die einen das Rohe vergessen macht. Meiner Meinung nach findet man hier so manches Gute was man unter anderen Gemeinden vergebens sucht, worunter wohlauch das gehört, daß sie den klugen Anordnungen ihres Seelsorgers gerne ihren Beifall schenken und nicht so sehr auf die Schale als auf den Kern sehen. Nichts wurde mehr vernachlässigt, als der Schulunterricht. Als ich hieher kam, fand ich in der Schule zwar mehrere die bereits 5 Jahre die Schule besuchten, aber keinen der lesen konnte. Die Eltern halten 6 Wochen des Confirmationsunterrichtes für hinlänglich, ihre Kinder zu Christen vollkommen zu bilden. Die weite Entfernung von der Schule, die Armut die sie nötigt, durch ihre Kinder Dienstboten zu ersparen und sie den ganzen Sommer über auf den Almen zu gebrauchen, das sind die großen Hindernisse, die dem Schulunterrichte entgegenstehen.

Über seinen Abschied von Schladming schreibt Pastor Wehrenfenig: „Immer näher rückt die Stunde meines Abschiedes von hier. Die nun verflossenen vier Jahre meines Hierseins zähle ich unter die angenehmsten meines Lebens - ich zählte - so getreu mein Gedächtnis auch ist, keine einzige wahrhaft trübe Stunde aber wohl gar viele derer die durch die herrlichste Würze des Lebens durch Liebe und Vertrauen veredelt worden sind."

Der in dem Bericht von Pastor Wehrenfenig genannte Bildhauer Johann Fortschegger aus Rottenmann zählte zu den bekanntesten Bildhauern der Spätbarockzeit im Bezirk Liezen. Ehe Fortschegger nach Rottenmann übersiedeite, arbeitete er in Bad Mitterndorf und schuf dort zahlreiche Altarwerke und Einzelfiguren.

Der von Pastor Wehrenfenig erwähnte Neubau des Bethauses musste nach dem Großbrand von Schladming (1814) erfolgen.

Quelle