Todesmarsch 1945: von St. Johann nach Hohentauern
Dr. Alois Leitner hat den Todesmarsch ungarischer Juden über den Triebener Tauern im April 1945 in der Publikation "Der Tauern", Beiträge zur Kultur- und Heimatgeschichte Hohentauerns, im April 2010 beschrieben. Dieser Artikel schildert die damit verbundenen Ereignisse zwischen St. Johann am Tauern und Hohentauern.
Auszug aus der Gendarmeriechronik
Auszug aus der Gendarmeriechronik St. Johann am Tauern vom 12. April 1945: "12. April 1945: Vom Stellungsbau in der Oststeiermark usw. kam ein Judentransport in der Stärke von ungefähr 1 000 Mann, verschiedener Nationalität, die durch Volkssturmmänner aus Fohnsdorf begleitet wurden. Der Transport machte nördlich der Moser-Villa Rast. Ein Jude sprang beim ehemaligen Gasthaus Weingruber wegen Kartoffeln usw. vor. Er wurde deshalb sogleich in der Nähe der dortigen Brücke von Männern des Volksturmes erschossen und beerdigt. Weiters wurden wegen Marschunfähigkeit ein Jude am Rastplatz beim Gasthaus Steinkogler, Tauernwirt und zwei unterhalb vom Brotjäger erschossen und beerdigt."
Zeitzeugenberichte
Ein Zeitzeuge berichtet über den Judentransport durch St. Johann am Tauern:
"Der damalige Hubmoar Leitgeb (Unterhauser) kam vom Einkaufen in St. Johann mit der Nachricht zurück, dass ein Transport von 1 000 Juden von Judenburg kommend sich zu Fuß über den Tauern bewegen würde. Schon am Nachmittag sollte sich der Zug bei uns einfinden. Gespannt warteten wir auf die Dinge, die da kommen sollten. Tatsächlich kam der Zug am späten Nachmittag vom Weingruber Bichl herauf die Straße entlang. Wir saßen in gehöriger Entfernung auf der Wiese und schauten still hinunter auf die Straße. Von mehreren bewaffneten Bewachern umgeben schleppten sich die bedauernswerten Menschen langsam und schier endlos dahin. Da es schon Abend wurde, musste im Unterhauser Wald zwischen vlg. Kainz und unserem Haus (= Nähe der Moser-Villa) das Nachtquartier aufgeschlagen werden. Später erfuhren wir, dass einer der Juden, der sich des nachts vom Lager entfernt hatte, beim Weingruber erschossen wurde. Am nächsten Morgen sind sie über den Tauern weitergezogen. Nach dem Ende des Krieges wurde den Bewachern dieses Transportes von einem englischen Militärgericht in Graz der Prozess gemacht. Herr Egger, ein Fohnsdorfer, war einer der Angeklagten; er wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet."
In Hohentauern berichtet auch die Pfarrchronik, wenn auch nur kurz, über den Judentransport:
"Juden und Sträflinge werden hier vorbeigeführt. Die Juden, die vor Erschöpfung nicht mehr folgen können, werden erschossen. Im Pfarrgebiet drei Judengräber."
Ein heute 70-jähriger Zeitzeuge erinnert sich an folgende Begebenheiten:
"Als der Judentransport in Hohentauern halt gemacht hat und einer nicht mehr gehen konnte, wir haben gerade beim Fenster hinaus geschaut, hat der Vater gesagt, die Kinder müssen sich ducken, damit wir nicht zuschauen mussten, wie dieser erschossen wurde." Derselbe Zeitzeuge weiter: "Die Untermüllerin, Frau Katharina Jetz, wollte ihnen etwas zu essen geben. Sie wurde aber mit der Androhung des Erschießens zurück getrieben. Der ermordete Ungar wurde bei der Ecke des Tauernwirts-Stadl begraben. Der nächste wurde beim Stauchner (heutiges Brotjäger) erschossen und bis zur "Wassertrogreit" gezogen und dort notdürftig begraben, wobei die Füße herausgeschaut haben und wir als Buben immer wieder schauen gegangen sind." Nach dem Krieg mussten dann ortsbekannte Nazis die Leichname ausgraben und ordentlich bestatten.
Zwei weitere Zeitzeugen berichten:
"Von Seiten der Gemeinde wurden die Eltern informiert, dass ein Judentransport über den Tauern geführt wird und es sind alle Fenster zu verhängen. Wir haben trotzdem hinaus geschaut. Es war ein fürchterlicher Anblick. Es hat sich rasch verbreitet, dass am Nachmittag ein Judentransport über den Tauern im Anzug ist. So sind fast alle Sunkler, so auch meine Eltern, zur Straße hinaus schauen gegangen. Ich war zur damaligen Zeit schwanger (Jg. 1921) und habe mir das nicht angeschaut. In Trieben wurden sie hinten, also bei der Pappenbude hinuntergetrieben."
"Ich war noch ein Jugendlicher und wir streckten die Hand zum Hitlergruß entgegen, als die Juden vorbeigetrieben wurden. Da haben uns einige die Faust gezeigt."
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