Der sogenannte "Juliputsch", ein Putschversuch im Juli 1934
Am 25. Juli 1934 kam es in Österreich zu einem als Der sogenannte "Juliputsch", ein Putschversuch im Juli 1934 bekannten Putschversuch der Nationalsozialisten (NSDAP[1]), wobei die Machtübernahme der Aufständischen scheiterte.
Einleitung
Mit dem Überfall von 154 als Soldaten des Bundesheeres und Polizisten verkleideten SS-Leuten auf das Bundeskanzleramt hatte der nationalsozialistische Putschversuch in Österreich, mit Wissen deutscher offizieller Stellen, am 25. Juli begonnen. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß wurde von zwei Schüssen tödlich getroffen. Zeitgleich rückte eine Gruppe von Putschisten in die Wiener Senderäume der RAVAG[2] ein. Sie verbreitete die falsche Nachricht, Dollfuß habe die Regierungsgeschäfte an Anton Rintelen[3] übergeben. Das war das vereinbarte Zeichen für den Aufstand der Nationalsozialisten in ganz Österreich. Dieser führte in einigen Teilen Oberösterreichs, der Steiermark und Kärntens zu mehrtägigen Kämpfen (Kollerschlag[4]). Auch in Salzburg kam es zu kleineren Aktionen. Der Putschversuch wurde abgewehrt und in der Folge wurden dreizehn Putschisten hingerichtet sowie etwa 4 000 Aufständische in Anhaltelager eingewiesen (viele flüchteten nach Jugoslawien[5]). Auf Regierungsseite forderten die Kämpfe 107 Todesopfer, auf Seite der Aufständischen 140 Tote. Die Zahl der Verletzten wurde mit 500 bis 600 Personen angegeben.
Für die Aburteilung der Beteiligten wurden am 26. Juli 1934 Militärgerichte geschaffen.
Ennstalbezug
Bei dem Juliputsch kam es in der Nacht zum 26. Juli 1934 auch in der Gemeinde Pichl-Preunegg zu bewaffneten Kampfhandlungen zwischen den Anhänger der verbotenen NSDAP und der Gendarmerie. In jener Nacht griffen Nationalsozialisten in Mandling den Hilfsposten der Gendarmerie an, wobei dabei ein Putschist erschossen wurde. Am Morgen kamen aus Schladming und Ramsau am Dachstein weitere Nationalsozialisten mit drei Kraftwagen und einem Maschinengewehr zur Verstärkung. In der Folge war die Gleimingbrücke in Gleiming Schauplatz eines lang andauernden Feuergefechts zwischen den Putschisten und der Gendarmerie, die wiederum vom Salzburger Österreichischen Heimatschutz unterstützt wurde. Bei diesen Kampfhandlungen wurden insgesamt acht Personen getötet und zahlreiche Personen verwundet. Nach dem gescheiterten Putschversuch wurden die Anführer der Auseinandersetzungen in Mandling und Gleiming von einem Militärgericht in Leoben (Bez. Leoben) zu je zehn Jahren Kerker verurteilt.
Bei Kämpfen am Pyhrnpass am 26. Juli 1934 starben zwei Bundesheersoldaten, ein Aufständischer und vier Zivilisten
Die Toten: Dorothe Zeiringer, Kalkofenwirtin; Willibald Zeiringer, deren Sohn; Alois Hackl, Kalkbrenner; Johann Permadinger, Handwerksbursche; Johann Charwat, Major im AJR 8; Josef Hager, Alpenjäger im AJR 8; Ernst Dreher, Aufständischer;
Aus Zeugenaussagenprotokolle 1934
Aus Zeugenaussagen über Ereignisse bei Bad Mitterndorf und Klachau
Über Ereignisse in Mitterndorf und Klachau im Leobener Militärgerichtsprozess im August 1934
Der Realschüler aus Bad Aussee, Friedrich Lanzdorf, Realschüler aus Bad Aussee, sagt unter Eid aus, dass er mit 15 anderen Heimwehrleuten von Bad Aussee um 3 Uhr früh nach Gröbming zur Verstärkung der Gendarmerie ging. Zwölf Heimatschützer waren mit Gewehren ausgerüstet, Lanzdorf jedoch nicht Vor der Ortschaft Klachau trafen sie auf ein Auto der Nazi, die aus dem Fahrzeug sprangen und in Feuerstellung gingen. Der Nazikommandant Pohnert rief von 15 Metern ihnen zu: „Ergebt euch oder wir schießen!'“
Die aus Bad Aussee Kommenden blieben auf ihrem Fahrzeug sitzen und als Gendarm Hammer absprang und schrie: „Nein!“ wurde er von Pohnert durch einen Pistolenschuss niedergestreckt und erlitt einen Brustschuss. Daraufhin eröffneten die Nazi ein mörderisches Feuer auf die Heimwehrleute, die noch im Wagen saßen, was eine um umso furchtbarere Wirkung hatte. Mit der ersten Salve fielen gleich drei Heimatschützer, zwei wurden schwer verletzt. Die Nazis feuerten einige hundert Schüsse, die Heimwehr hingegen konnte nur etwa 15 Schüsse abgeben, waren sie doch gar nicht auf den Überfall gefasst gewesen. Pohnert schrie immer wieder „Schießt sie alle nieder!“, bis die Heimwehr das Feuer einstellte. Dann wurden sie, die noch lebend übrig geblieben waren, gefangen genommen und geschlagen.
Bei den Nazis war Rudolf Erlbacher, der in diesem Prozess als Angeklagter anwesend war. Ein weiterer Zeuge, Emil Höllweger, Forstbeamter aus Bad Aussee, der als Schutzkorpsmann im Auto der Heimwehr war, sagt ebenfalls unter Eid aus. Ihm stellte der Verhandlungsleiter zur Feststellung der Schuld Erlbachers eingehende Fragen. Höllweger bestätigte, dass Erlbacher wild mit dem Gewehrkolben herumgeschlagen und auch ihm misshandelt hatte.
Prinz Franz Josef Schaumburg-Lippe wurde aus der Haft dem Verhandlungsleiter vorgeführt. Dieser von kleiner, unscheinbarer Gestalt, mit Lederhose und Steirerrock bekleidete reichsdeutsche Staatsbürger verbrachte die Nacht zum 26. Juli im Bereitschaftslokal der nationalsozialistischen Partei in Klachau und wollte früh morgens auf die Jagd gehen. Mittlerweile war es zum Feuergefecht gekommen, das der Prinz durch das auf seinem Gewehr montierten Zielfernrohr beobachtete.
Interessant war auch die Aussage des 38-jährigen Landwirts Johann Maier. Zusammen mit anderen Nazi saß er im Bereitschaftslokal in Stainach. Von dort sah er, wie man verwundete Heimatschützer in den Eiskeller der Fleischhauerei Moßbrugger gesperrt hatte. Er bestätigte auch die brutale Behandlung der Verletzten von den meisten Nationalsozialisten. Einer schrie den im kalten Eiskeller untergebrachten Gefangenen zu: „Das Loch ist noch viel zu gut für euch!“. Pohnert erklärte den Gefangenen, dass sie alle sofort an die Wand gestellt werden, wenn sich auch nur einer rühren sollte. Den Zeugen Steinberger, der selbst ein Nazi war, hatte über alle diese Brutalitäten so der Ekel gepackt, dass er das Bereitschaftslokal heimlich verließ, sein Gewehr wegwarf und nach Hause ging.
Rudolf Erlbacher wurde am 22. August 1934 hingerichtet.
Einvernahme des Hauptangeklagten Franz Ebner im Leobener Militärgerichtsprozess gegen die Aufständischen von St. Gallen, August 1934
Franz Ebner war SA-Mann und Ortsführer der Kindergruppe in St. Gallen, gehörte seinerzeit dem Steirischen Heimatschutz an und trat auf Drängen verschiedener Freunde schließlich der NSDAP bei. Ebner erschoss am 25. Juli 1934 Inspektor Titz, der bei der Haustür des Hauses von Ebner vorbeigegangen war. Beim Verhör im Prozess gab Ebner an, dass Revierinspektor Franz Titz sehr beliebt war und meinte, er glaube, dass nicht ein einziger, der am 25. Juli beteiligt war, einen Hass auf Inspektor Titz gehabt hatte.
Franz Ebner wurde am 29. August 1934 hingerichtet .
Literatur
- Die Juli-Revolte 1934, 1936; Die Erhebung der österreichischen Nationalsozialisten im Juli 1934, 1984
- Jagschitz, G.: Der Putsch, 1976
Quellen
- Schriftliche Unterlagen aus der Chronik der Gemeinde Pichl-Preunegg, welche dem Autor dieses Beitrags, Peter Ortner, für das EnnstalWiki zur Verfügung gestellt wurden.
- Eintrag zu Der sogenannte "Juliputsch", ein Putschversuch im Juli 1934 in: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz – online (auf AEIOU)
- books.google.at/: Juliputsch: Engelbert Dollfuß, Steirischer Heimatschutz, Österreichischer Turnerbund, Österreichische Legion, Richard Hölzel, Wilhelm Ergert, Liste der Träger der Medaille zur Erinnerung an den 9. November 1923, Franz Hickl, Kollerschlager Dokument
- www.liezen.at/de/stadtchronik
- Obersteirische Volksszeitung, 23. August 1934 (Zeugenaussagen)
- Obersteirische Volkspresse, 26. August 1934 (Zeugenaussagen)
Fußnote
- ↑ Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, die im Juni 1933 verboten wurde
- ↑ Abkürzung für die am 30. September 1924 gegründete Österreichische Radio-Verkehrs-Aktiengesellschaft, die am 1. Oktober 1924 den Sendebetrieb aufnahm.
- Eintrag zu RAVAG in: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz – online (auf AEIOU)
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- Eintrag zu Anton Rintelen in: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz – online (auf AEIOU)
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- Eintrag zu Kollerschlag in: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz – online (auf AEIOU)
- ↑ Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema "Jugoslawien"