Josef Fischer
Josef Fischer (* Linz an der Donau) war ein Schladminger Musterlehrer Mitte des 19. Jahrhunderts und Gründer der Bürgermusikkapelle Schladming.
Leben
Fischer hatte eine kinderreiche Familie und war bemüht, durch Musizieren mit der Geige bei verschiedenen Gelegenheiten seinen geringen Schulmeisterlohn etwas aufzubessern. Dies wurde aber bei der gestrengen Schulaufsichtsbehörde in Haus angezeigt, worauf der Vorstand und Ausschuss der Marktgemeinde Schladming ein demutsvolles Gesuch um Straffreiheit für Fischer nach Haus im Ennstal sandte. Das Original dieses Schreibens ist im Dekanatsarchiv Haus aufbewahrt. Der Inhalt dieses Gesuches ist im EnnstalWiki-Artikel Schulmeister nachzulesen.
Es ist kaum zu glauben, aber es war doch eine wahre Begebenheit, die das Leben des einst in Schladming wirkenden Musterlehrers Josef Fischer überschattete.
Der Handschuhmacherssohn aus Linz an der Donau wurde nach kurzer Lehrtätigkeit in Pichl im Jahre 1832 an der Pfarrschule Schladming angestellt und erwies sich bald als vorbildlicher Jugenderzieher, der sich auch durch besondere Musikalität auszeichnete. So hat sich auch der Dechant von Haus im Ennstal anlässlich einer Visitation der Schladminger Pfarrschule besonders lobend ausgedrückt, wenn er sagt, dass die Kinder die Kirchenlieder „zum größten Wohlgefallen der Leute sehr gut im Gottesdienste und auch bei Prozessionen singen“. Und weiter schreibt der Dechant in seinem Visitationsbericht: „Man findet die Kinder nicht nur in den vorgeschriebenen Lehrgegenständen auf das Beste unterrichtet, sondern es werden den Schülern auch Kenntnisse beigebracht aus Botanik, Geographie, populäre Astronomie und Mineralogie. Man wird auch überrascht vom herrlichen Gesang der Schuljugend.“
Aber nicht nur als Lehrer wirkte Josef Fischer vorbildlich - seiner besonderen Freude an der Musik verdanken die Schladminger 1843 die Gründung der „Bürgermusikkapelle“, der heutigen Stadtkapelle.
Neben all den Erfolgen als Pfarrschullehrer und in der Musik drückten Fischer doch schwere Sorgen als verantwortungsvoller Familienvater von 14 (!) unversorgten Kindern.
Da aber die Lehrer zur damaligen Zeit noch schlecht bezahlt wurden, war Fischer gezwungen, durch einen Nebenerwerb eine kleine Zubuße zu seinem kargen Lehrergehalt einzubringen. So bot er sich als Musikant besonders bei Hochzeiten oder anderen Familienfeiern an und war auch bei den Schladmingern ob seiner bekannt gesitteten Lebensart ein gern gebetener Gast als Musikant.
Diese freiberufliche Tätigkeit Fischers kam aber dem Dechant von Haus als Schuldistriktsaufseher zu Ohren, worauf er einen geharnischten Verweis mit der Androhung der Absetzung als Lehrer an Fischerer gehen ließ, da laut § 21 der Allgemeinen Schulordnung von1774 „das öffentliche Musizieren sich nicht mit dem Stand des Lehrers vereinbaren läßt.“ Durch einen Zufall fand sich im Hauser Dekanatsarchiv ein Schreiben des „Vorstandes und Ausschusses der Marktgemeinde Schladming“ vom 4. Februar 1853, das gleichsam eine Rechtfertigung von offizieller Stelle gegen den Verweis des Hauser Dechants an Fischer beinhaltet. Der in dem Schreiben der Gemeinde Schladming erwähnte „Verdienst bei Herrn Gewerken Perwein“ bezieht sich auf eine vorübergehende Anstellung Fischers als Hammerwerksverweser beim Perwein'schen Hammerwerk in Schladming, der eine freiwillige Kündigung Fischers als Lehrer vorausgegangen war. Er versuchte beim Gewerken Perwein eine bessere Verdienstmöglichkeit zu finden. Nach dem Tod des Hammerherrn geriet Fischer allerdings wiederum in eine große Notlage und versuchte als Organist in der evangelischen Kirche seinen weiteren Lebensunterhalt zu finden.
Nun aber der Wortlaut des Schreibens der Schladminger Gemeindevertretung unter Bürgermeister Johann Angerer an die Hauser Schuldistriktsaufsicht:
„An eine hochwürdige Schuldistriktsaufsicht zu Haus.
Laut vorliegender verehrter Zuschrift vom 2.Feb. 1853 Nr. 15 an unsern Schullehrer Herrn Josef Fischer wurde demselben aus Anlaß einer vorgebrachten Klagestrenge verbothen, bei Hochzeiten oder an deren Gelegenheiten zu musicieren.
Der gefertigte Vorstand und Ausschuß der Marktgemeinde Schladming wagt es hiermit einer hochw. Schuldistriktsaufsicht folgende Vorstellungen zu unterbreiten mit dem dringenden Ersuchen, gnädige Nachsicht gegen Herrn Fischer in Betreff seines Musicierens zupflegen, denn
1. Obwohl er bei Herrn Gewerken Perwein einen schönen Verdienst hat, so sind die Bedürfnisse seiner so zahlreichen Familie, deren Ernährer er allein ist.doch derart manigfaltig, daß es ihm als guter gefühlvoller Familienvater wahrlich nicht· übel zu nehmen ist, wenn er aufrechtliche Art sich bemüht, einige Gulden zu verdienen, um seine Kinder auch kleiden zukönnen.
--2. ist sein Verhalten bei einer Musik nicht weniger als anstößig, sich wegwerfend oder seinem Stande unangemessen, im Gegentheil trägt er durch sein gesetztes Betragen viel dazubei, daß Unordnung und Ungeziemendheit ausbleiben, und jeder ordnungsliebender Bürgerunterhält sich am liebsten dort, wo Herr Fischer zur Unterhaltung mitwirkt.
3. Muß man allen Ernstes in Abrede stellen, daß Herr Fischer sich jemals eingebettelt hätte, aber zehn Zeugen kann man vorstellen, welche übereinstimmend bezeugen werden, daß Herr Fischer nur auf dringendes wiederholtes Ansuchen dazu zubewegen war. Es ist traurig genug, daß es Menschen gibt, die so kek sind, vor einer hochw. Schuldistriktsaufsicht mit Lügen und Verläumdungen aufzutretten, um ihrem Neid und Haß Genüge zu leisten, und wäre erwünscht, wenn solche namhaft gemacht und zur Strafe gezogen würden.
4. Zu bemerken wäre aber auch, ohne darüber kritisieren zu wollen, daß ja bei andern Schullehrern, die es weniger bedürftig wären, auch darüber hinausgegangen wird, wenn sie sich gleichermassen etwas auf solche Art zu verdienen suchen.
5. Endlich wolle eine hochw. Schuldistriktsaufsicht den Beweggrund zur Vorlage dieser unserer Eingabe nur darin suchen, daß nur die bedrängte Lage unseres Schullehrers nur zu gut bekannt ist, und wir Herrn Fischer auch von der Gemeinde wegen loben müssen, daß er lieber diese schwere Mühe und Plage des Musicierens sich auferlegt, als noch mehrSchulden zu machen. Eine hochw. Schuldistriktsaufsicht wolle daher gütigst auf Grund dieses unseres Ansuchens und dargelegten Beweggründe zu bewilligen geruhen, daß Herr Fischer wenigsten kommende Faschingtäge sich noch einen Verdienst aneignen dürfe.
Marktgemeinde Schladming, 4. Februar 1853"
Nachdem inzwischen die Lehrerstelle an der Schladminger Pfarrschule neu besetzt wurde, schien für Fischer, der ja im Jahre 1853 seinen Schuldienst kündigte, eine Wiederaufnahme zunächst aussichtslos. Durch den plötzlichen Tod des Pfarrschullehrers von Schladming, Heinrich Waldeck, wurde aber die freigewordene Stelle öffentlich ausgeschrieben, worauf sich Fischer mit Erfolg um die Wiedereinstellung in den Schuldienst bewarb, nachdem sich kein anderer Bewerber fand.
Die weiteren Dienstjahre brachten nun eine spürbare Verbesserung der finanziellen Lage Josef Fischers, denn man gewährte ihm ob seines „frommen christlichen Lebenswandels mit dem er ein gutes Beispiel für die Schulkinder und Erwachsenen gibt“, eine jährliche Zulage von 100 Gulden und verlieh ihm 1866 aufgrund seiner „ausserordentlichen Leistungen als Schulmann“ den Titel eines Musterlehrers.
Quelle
- Heimatkundliche Blätter von Schladming Nr. 49, Dezember 2002, verfasst von Walter Stipperger