Franz Muß (Gastwirt)

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Franz Muß (* 1817; † 14. Februar 1897 in Kainisch) war ein Mitglied aus der Familie Muß, Freiheitskämpfer und Gastwirt in Kainisch.

Nachruf

Das „Ischler Wochenblatt“ brachte in seiner Ausgabe vom 28. Februar 1897 einen Nachruf:[1]

Franz Muß †. Wie schon kurz gemeldet wurde, ist am 14. d. M. der Gastwirt in Kainisch bei Aussee, Herr Franz Muß, im Alter von 80 Jahren in seinem Heimats­orte verschieden.

Muß war ein Freiheitskämpfer und politischer Märtyrer aus den Fünfzigerjahren, ein Freund und Schick­salsgenosse Konrad Deubler's, des allbekannten Bauernphilo­sophen von Golfern, der letzte jener Schar unerschrockener Männer, die im Kampfe für Aufklärung und Geistesfreiheit mit Untersuchungshaft und mehrjährigem schweren Kerker gemaßregelt wurden. Franz Muß entwickelte schon in seinen Knaben- und Jünglingsjahren einen außerordentlich regen Bildungseifer. Mit besonderem Interesse las und studierte er Schriften politischen und weltgeschichtlichen Inhalts. Als im Jahre 1848 die Begeisterung für freiheitliche Institutionen in allen Bevölkerungsschichten sich verbreitete, ward auch Franz Muß gewaltig davon ergriffen und feierte in Kreisen von Freunden und Gesinnungsgenossen den Anbruch einer neuen Zeit. Bei der Feier der Verkündigung der Constitution in Aussee trug er das schwarz-roth-goldene Banner. Er war mit Konrad Deubler[2] in Goisern befreundet und verkehrte viel mit demselben, was nicht wenig zu seiner geistigen Ausbildung beitrug.

Er war auch bestrebt, seine Heimatgenossen zu selbständigem Denken zu erziehen, regte sie zum Lesen von Zeitschriften und Büchern an und versammelte bald einen Kreis bildungseifriger Jünglinge und Männer um sich. Als die Reaktion hereinbrach, welche die gewaltsame Unterdrückung aller freiheitlichen Bestrebungen zur Folge hatte, da konnten Muß und seine Freunde nur heimlich ihren Wissens- und Bildungsdrang befriedigen. Mit mühsam erworbenem Gelds kauften sie sich damals verbotene Bücher und Zeitschriften. Fceimüthige Aeußerungen über die unleidlichen politischen Zustände, welche zu Beginn der Fünfzigerjahre herrschten, führten endlich dazu, daß Franz Muß und seine Freunde und Anhänger als politisch Compromitierte der Behörde denunziert, verhaftet und als Hochverräther vor Gericht gestellt wurden.

Am 8. Mai 1853 erfolgte seine Verhaftung. Siebenundzwanzig Gensdarmen umstellten das Haus, ein Zeichen, für wie gefährlich Muß gehalten wurde. Die ersten 14 Tage nach erfolgter Verhaftung brachte er im Ausseer Gemeinde-Arreste zu. Daß er an der 1848er Bewegung lebhaften Antheil genommen, wurde als sehr gravierender Schuldbeweis ange­nommen. Das Grazer Landesgericht erkannte ihn mit Urtheil vom 13. Juli 1854 nur des Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe und der Religionsstörung schuldig und verurthcilte ihn zu 1½ jähriger Kerkerstrafe, aber der oberste Gerichts- und Cassationshof in Wien hob dies Urtheil auf, sprach Muß auch des Hochverrathes schuldig und verurtheilte ihn als den „am meisten Strafbaren" unter allen Angeklagten am 27. und 28. September 1854 zu 8jähriger schwerer Kerkerstrafe. In der Begründung der Anklage hieß es unter anderem folgendermaßen: „Der Angeklagte Franz Muß hatte schon in früher Kindheit eine besondere Vorliebe für das Bücherlesen.“ „Er sei auch nach dem Jahre 1848 exaltiert geblieben.“ „Er habe den Wunsch nach einer auf demokratischer Grundlage beruhenden constitutionellen Monarchie oder einer Republik laut werden lassen.“ Aehnlicher und noch viel lächer­licher Dinge wegen waren sämmtliche 11 Leidensgenossen Deublers angeklagt. (Wir mögen heute darüber lachen, müssen uns aber gestehen, daß wir am besten Wege sind, zu jener Zeit mit ihren dunklen Mächten wieder zurückzukehren!) Der Verurtheilte mußte nun zur Verbüßuug seiner Strafe in die Strafanstalt Garsten wandern, während seine alte Mutter sich zu Hause fast zu Tode grämte.

Doch zufolge des kaiser­lichen Amnestie-Actes vom 8. Mai 1857 öffneten sich die Thüren seines Kerkers und am 20. Mai desselben Jahres konnte er, nach vierjähriger Haft, wieder in die geliebte Heimat zurückkehren, wo man ihn mit offenen Armen empfing. Jetzt war er wieder frei, aber der Verlust der bürgerlichen Rechte, eine Folge seiner Verurtheilung, schloß ihn noch von der Theilnahme am öffentlichen Leben aus. Doch mit allerhöchster kaiserlicher Entschließung vom 26. Juli 1863 erfolgte im Gnadenwege seine vollständige Rehabilitierung und Wieder­einsetzung in alle bürgerl. Rechte.

Mit hoher Verehrung und unbegrenztem Vertrauen blickten seine Mitbürger zu ihm, der für die Freiheit gekämpft und gelitten, auf, und als endlich die Zeit kam, welche den Völkern Oesterreichs die lang ersehnte konstitutionelle Verfassung und damit die Verwirklichung des Freiheitstraumes seiner Jugend brachte, da feierten die Hinterberger ihren Muß als Kämpfer, der dies Ziel erringen half.

Groß war die Trauer um den Hingegangenen, der sich auch im öffentlichen Leben vielfach und mit Erfolg bethätigte, so in der Gemeinde- und Schulverwaltung, als Mitglied der Landwirt­schafts-Gesellschaft, die ihn mit der silbernen Verdienst-Medaille auszeichnete, der Feuerwehr rc. Trauer- und Beileidskund­gebungen langten aus nah und fern, darunter von vielen namhaften Persönlichkeiten an die Familie des Dahingeschiedenen ein. Das Leichenbegängnis am 17. d. M. gestaltete sich zu einer großartigen Trauerfeier und tiefbewegt nahm die Ge­meinde Abschied von ihrem treuen Führer, der gekämpft und gelitten für Freiheit und Menschenrechte.

Quellen

  1. ANNO, „Ischler Wochenblatt“, Ausgabe vom 28. Februar 1897, Seite 4
  2. Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia zum Thema "Konrad Deubler"